Was genau verrät die Gesundheitskarte eigentlich über den Patienten? Und was wird sich in Zukunft noch ändern?
Seit mehr als einem Jahr steckt sie vermutlich im Portemonnaie hinter Ihrer EC- oder Monatskarte: Ihre elektronische Gesundheitskarte. Zumindest wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind. Aber wissen Sie auch, was Sie da mit sich herumtragen? Kürzlich hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das den Umgang mit Gesundheitsinformationen neu regelt: das E-Health-Gesetz (siehe unten). Darin spielt die Gesundheitskarte eine zentrale Rolle. In Zukunft soll sie den Zugang zu Ihren Gesundheitsdaten abhängig von Ihrer Zustimmung ermöglichen. Was das im Einzelnen bedeutet, wird nachfolgend erklärt.
Der Medikationsplan
Für Versicherte, denen der Arzt mindestens drei Medikamente dauerhaft verordnet, soll auf der Karte ab Oktober 2016 ein Medikationsplan verfügbar sein.
Was soll das bringen? Verzeichnet die Medikamentenliste alle vom Haus-, Zahn- oder Klinikarzt verordneten Medikamente, dann fällt auf, ob Wirkstoffe doppelt verschrieben wurden oder sich untereinander nicht vertragen. Das soll die Gefahr von Arzneimittelwechselwirkungen bannen. Das sagen Kritiker: Am Medikationsplan selbst gibt es kaum Kritik. Wie und von wem rezeptfreie Medikamente erfasst werden, die ebenfalls wechselwirken können, ist (noch) nicht im Detail geregelt.
Die Speicherung der Notfalldaten
Der Chip links auf der Karte soll ab 2018 Notfalldaten speichern können: etwa dass Sie Diabetes haben, gegen Nüsse oder Pollen allergisch sind, Gerinnungshemmer einnehmen – oder wie man im Notfall Ihre Angehörigen erreicht.
Was soll das bringen? Ein Notarzt oder Sanitäter könnte die Informationen mit einem mobilen Lesegerät erfassen. Das soll die Sicherheit erhöhen, Allergiepässe oder Behindertenausweise würden überflüssig. Das sagen Kritiker: Der Patientenvertreter im Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen hält den Nutzen für überschätzt: .Jeder Notarzt kann die Erstversorgung ohne diese Informationen sicherstellen. Zudem muss auch noch geklärt werden, wer die Kosten für die mobilen Lesegeräte übernimmt. Bis die Notfalldatenspeicherung genutzt werden kann, werden noch Jahre vergehen, ist zu vermuten.
Die elektronische Patientenakte
Ende 2018 soll die elektronische Patientenakte eingeführt werden. Arztbriefe oder Röntgenbilder würden dann nicht mehr im Aktenschrank der Praxis aufbewahrt, sondern in einem digitalen Archiv, etwa in einem Rechenzentrum. Und die Gesundheitskarte wäre eine Art Schlüssel zu diesem Archiv. Damit der Datentresor sich öffnet, braucht es drei „Schlüssel“: Die Gesundheitskarte, eine persönliche Identifikationsnummer (PIN) und den elektronischen Heilberufsausweis des Arztes, Zahnarztes oder Psychotherapeuten.
Was soll das bringen? Doppeluntersuchungen würden vermieden: Wenn der Arzt zum Beispiel wissen möchte, wann Ihr Kiefer wegen der Parodontitis zuletzt geröntgt wurde, schaut er im elektronischen Archiv nach. Sie müssten bei einem Arztwechsel nicht in Ihrer Patientenvergangenheit kramen, um den Anamnesebogen auszufüllen, was Ihnen und dem Arzt Zeit spart.
Das sagen Kritiker: Die elektronische Patientenakte ist ein Schritt zum „gläsernen Patienten“: Jedem Arzt wären sämtliche Gesundheitsdaten zugänglich – auch solche, die er nicht unmittelbar benötigt. Laut E-Health-Gesetz hat der Patient die Hoheit über seine Daten und kann entscheiden, wer welche Informationen lesen darf.
Aber sind die sensiblen Daten auch geschützt, etwa vor Hackern? Datenschutz und Datensicherheit sind im E-Health-Gesetz verankert. Für das gesamte Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ spricht, dass auf ihr in Zukunft nicht mehr Daten gesammelt würden, als heute dem Arzt und der Krankenkasse schon bekannt sind.
Fazit: Bis die elektronische Gesundheitskarte die hier vorgestellten und weitere Funktionen erfüllt, bis Ihre Daten gespeichert und wieder abgerufen werden, vergehen vermutlich noch Jahre. Sie können sich also in Ruhe Gedanken machen, was Sie dann speichern lassen wollen und was nicht. Derzeit ist die Gesundheitskarte eine Art Mitgliedsausweis Ihrer Krankenversicherung. Nicht mehr und nicht weniger.
E-Health-Gesetz:
E steht für elektronisch, Health für Gesundheit und die Abkürzung E-Health-Gesetz für „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“. Im Dezember 2015 wurde es verabschiedet. Sein Ziel: Patienten, Ärzte, Kliniken, Kassen und Apotheken sollen digital besser vernetzt, medizinische Informationen auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Der Hintergrund: So sind alle relevanten Informationen über den Patienten abrufbar.
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