Der moderne Lebensstil und die vielfältigen wirtschaftlichen Aktivitäten sind mit einem hohen Bedarf an elektrischem Strom verbunden.
In Deutschland hat der Stromverbrauch laut Umweltbundesamt von 455 Terawattstunden im Jahr 1990 auf 521 Terawattstunden im Jahr 2015 zugenommen. Möglichkeiten, den Stromverbrauch und den Bedarf an Rohstoffen für die Stromerzeugung zu senken, bieten effizientere Geräte und erneuerbare Energien. Selbst menschliche Bewegungen lassen sich für die Stromgewinnung nutzen. Wie geht das?
Antwort: Energie kommt in unterschiedlichen Formen vor, zum Beispiel als chemische Energie, etwa in der Nahrung, als elektrische oder Bewegungsenergie. Forscher entwickeln Verfahren, um die Bewegungsenergie beim Gehen und Laufen zur Stromgewinnung zu nutzen.
Nachvollziehen lassen sich die Forschungsansätze zur Nutzung menschlicher Bewegungen, wenn man sich zunächst bewusst macht, was Energie ist. In der klassischen Mechanik, jenem Teilgebiet der Physik, das sich mit der Bewegung von festen Körpern, Flüssigkeiten oder Gasen unter dem Einfluss von Kräften befasst, gilt Energie als die Fähigkeit, eine Arbeit zu leisten. Und eine Arbeit zu leisten bedeutet nichts anderes, als Energie von einer Form in eine andere umzuwandeln. Energie kann in vielen unterschiedlichen Formen auftreten, so beispielsweise als elektrische, chemische oder thermische Energie, das heißt Wärme. In Nahrungsmitteln und in Brenn- und Treibstoffen wie Holz oder Benzin ist chemische Energie gespeichert. Im menschlichen Körper wird die chemische Energie der Nahrung genutzt, um Wärme zu erzeugen und die Energieversorgung der Muskeln zu sichern. Muskeln können Arbeiten verrichten, weil sich chemische in mechanische Energie umwandeln lässt.
Dass es eine Beziehung zwischen den Fähigkeiten des Körpers gibt, Wärme zu erzeugen und mechanische Arbeiten zu verrichten, erkannte bereits im 19. Jahrhundert der deutsche Arzt Julius Robert Mayer (1814 bis 1878). Er stellte fest, dass Wärme und mechanische Arbeit zwei Formen ein und derselben Sache sind. In einem 1845 veröffentlichten Beitrag mit dem Titel „Die organische Bewegung im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel“ präzisierte er seine Vorstellungen. Danach können Wärme und Arbeit, die äquivalent, also gleichwertig sind, in einem stets gleich bleibenden Verhältnis ineinander überführt werden. Physiker gehen heute davon aus, dass Energie zwar ihre Erscheinungsformen verändern, aber niemals verloren gehen kann. Seinen Ausdruck findet dies im sogenannten Ersten Hauptsatz der Thermodynamik. Danach kann Energie weder erzeugt noch vernichtet werden. Sie ist immer da und wechselt lediglich die Form.
Wenn alltägliche Bewegungen von Menschen genutzt werden sollen, um Strom zu gewinnen, heißt das, dass es darum geht, Bewegungsenergie in elektrische Energie umzuwandeln. Forscher denken dabei nicht an Geräte mit einem sehr hohen Strombedarf, sondern zum Beispiel an medizinische Geräte wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpen, von Sportlern genutzte Geräte wie Pulsmesser und Geräte wie Smartphones oder MP3-Player. Hinter den wissenschaftlichen Bemühungen steht das Ziel, sie mit Strom zu versorgen. Wie dies funktionieren könnte, zeigen Arbeiten von Mitarbeitern des Karlsruher Instituts für Technologie. Nach den Worten des diese Forschungen leitenden Professors liegt die besondere Herausforderung für ihn und seine Kollegen darin, die Stromerzeugung zu ermöglichen, ohne dass bei den Bewegungen ein zusätzlicher Kraftaufwand nötig ist. Zwei Systeme, die diesem Anspruch genügen, wurden von den Wissenschaftlern u. a. bei der Weltausstellung Expo 2017 in der kasachischen Hauptstadt Astana präsentiert.
Eines der Systeme nutzt das Körpergewicht beim Gehen. Zwischen zwei kleinen, mit Flüssigkeit gefüllten Kissen gibt es eine Schlauchverbindung, über die Öl hin und her befördert wird. Wenn die Kissen unter der Ferse und dem Fußballen platziert werden, geschieht dies beim Auftreten und Abrollen. Dadurch lässt sich ein Kolben bewegen, der einen Generator antreibt. Die Forscher demonstrieren das Verfahren mithilfe einer Fußprothese. Nach ihren Angaben könnte der Mechanismus zum Beispiel auch in einem Sportschuh untergebracht werden. Ein anderer von ihnen entwickelter Generator lässt sich ähnlich wie eine Uhr am Arm tragen. In seinem Fall werden die Armbewegungen genutzt.
Dass Geräte beziehungsweise Minikraftwerke wie die von den Karlsruher Forschern vorgestellten grundsätzlich nur einen winzigen Teil des Strombedarfs decken können, ist klar. Die größte Bedeutung für die öffentliche Stromversorgung in Deutschland haben Kohlekraftwerke. Fachleute beziffern den Anteil der Energieträger Braun- und Steinkohle im Jahr 2017 auf etwa 41 Prozent. Rund zwölf Prozent des Stroms werden mithilfe der Kernenergie gewonnen, etwa 16 Prozent mithilfe der Wind- und acht mithilfe der Sonnenenergie. Der Anteil der Biomasse liegt bei knapp neun und der der Wasserkraft bei gut vier Prozent.
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