Wenn sie das Stichwort Korallen hören, denken viele Menschen sofort an Sonne, einen blauen Himmel und warmes Meerwasser. Korallenriffe werden gewöhnlich mit warmen beziehungsweise tropischen Gebieten verbunden. Fragt sich nur, ob Korallen nur dort oder auch anderswo anzutreffen sind. Brauchen Korallen zwangsläufig Wärme?
Antwort: Nein. Den Beweis liefern die sogenannten Kaltwasserkorallen. Als Wissenschaftler Mitte der neunziger Jahre in sieben Grad kaltem Wasser westlich von Norwegen ausgedehnte Korallenriffe entdeckten, bedeutete dies für sie eine riesige Überraschung. Zwar waren norwegische, englische oder irische Fischer wiederholt auf kleinwüchsige Korallen in ihren Netzen gestoßen, aber von den riesigen Kolonien in diesen Breiten hatte niemand eine Ahnung. Dank der Möglichkeit, den Meeresboden mit Robotern und Tauchbooten zu erkunden, wissen Forscher inzwischen, dass sich bis zu mehrere hundert Meter hohe Korallenriffe wie ein Gürtel am europäischen Kontinentalrand entlang von der Iberischen Halbinsel bis nach Nordnorwegen erstrecken – und das in einer Wassertiefe von etwa 1.000 Metern. Selbst vor Grönland sind solche Riffe anzutreffen, allerdings nicht in derart großer Zahl. Die Kaltwasserkorallenriffe befinden sich zwar am Tiefseeboden, sind aber von ihrer Größe und Struktur mit den Riffen im flachen Wasser der Tropen vergleichbar. Eines der besonders großen Riffe liegt am Kontinentalhang der Lofoten in einer Tiefe von 300 bis 400 Metern und ist 40 Kilometer lang und zwei bis drei Kilometer breit. Charakteristisch für die Riffe im Nordostatlantik ist die Steinkoralle Lophelia pertusa. Sie gedeiht am Meeresboden bei Wassertemperaturen von sechs bis zwölf Grad Celsius. Eine große Bedrohung für die Kaltwasserkorallen stellt die Fischerei mit schweren Schleppnetzen dar.
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