Die Ohren offen halten, es gibt was auf die Ohren und das Gras wachsen hören – diese und ähnliche Redewendungen zeigen, wie wichtig der menschliche Hörsinn ist. Die jährliche „Woche des Hörens“ unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit widmet sich diesem wichtigen Thema.
Während viele Menschen etwa ihre Augen und Zähne regelmäßig kontrollieren lassen, vernachlässigen sie ihre Ohren. Dabei möchte niemand von Beeinträchtigung des Hörvermögens betroffen sein – man sollte also von den kostenlosen Tests, die Hörgeräteakustiker anbieten, Gebrauch machen.
Woche des Hörens
Hintergrund der stattfindenden „Woche des Hörens“, die es seit den 1970er Jahren gibt, ist die weite Verbreitung von Hörminderungen in der Bevölkerung. Die aktuellen Zahlen basieren auf der Auswertung von Hörtests, die während der „Hörtour«“ 2014 von Partnerakustikern der „Fördergemeinschaft Gutes Hören“ (FGH) (www.fgh-info.de) durchgeführt wurden. Demnach haben 9 % der Jugendlichen unter 20 Jahren leichte bis mittlere Hörminderungen. Unter den Erwachsenen von 21 bis 40 Jahren hören 23 % nicht mehr einwandfrei. In der Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen nimmt der Anteil der Hörminderungen signifikant auf 45 % zu. Mit über 60 Jahren sind 84 % von Einschränkungen betroffen.
Da sich Hörminderungen laut der FGH meistens schleichend einstellen, bemerken die Betroffenen sie anfangs kaum. Durch Gewöhnung und Kompensation besteht die Gefahr weiterer allmählicher Verschlechterungen des Hörvermögens, die vor allem die Verständigung in geräuschvoller Umgebung und in größeren Gruppen immer schwieriger und anstrengender machen. Umso wichtiger sind vorsorgliche Hörtests, damit stets das eigene Gehör realistisch eingeschätzt werden kann. Die Hörgeräteakustiker sind dabei die kompetenten Ansprechpartner und Ratgeber, wenn es darum geht, zum richtigen Zeitpunkt die individuell passende Hörlösung zu finden.
Hörexperten aus Audiologie und Medizin bestätigen einhellig, dass die rechtzeitige Nutzung von Hörgeräten die komplexen Fähigkeiten des Hörsinns erhalten hilft, so die FGH. Menschen, die Defizite frühzeitig durch moderne Hörgeräteakustik ausgleichen, leben deshalb zufriedener und selbstbewusster, da sie weiterhin aktiv am Leben teilnehmen. Sie können sich wieder unbeschwert unterhalten, weil sie auch in größeren Gesprächsrunden keine Verständigungsprobleme mehr haben. In der Folge sinken die Unsicherheiten und gesundheitsschädlicher Stress in größeren Gesellschaften.
Die „Woche des Hörens“ lädt dazu ein, einen kostenlosen und unverbindlichen Hörtest bei einem der deutschlandweit rund 1.500 FGH-Meisterbetriebe für Hörgesundheil machen zu lassen. Die FGH-Partner sind am Ohrbogen mit dem Punkt zu erkennen und unter www.fgh-info.de gelistet.
Geschichte des Hörsinns
Laut der Technischen Universität Berlin (TU) verfügten Menschen schon immer über Ohren und die Evolutionsgeschichte kennt kein Säugetier ohne Gehör. Das Gehör ist laut TU älter als der erste Mensch, der vor etwa 6 Millionen Jahren gelebt haben soll, denn die sogenannten Vertebraten, die vor ca. 500 Millionen Jahren im Wasser auftauchenden Urwirbeltiere, verfügten neben dem Seitenliniensystem bereits über ein Innenohr, das sich der Lehrmeinung zufolge durch Einrollen eines Teils der Seitenlinie ergeben haben soll.
Heutige Hörgewohnheiten
Viele Berufstätige sind bei der Arbeit Lärm ausgesetzt, gegen den sie nicht geschützt sind. Hinzu kommt, dass die Freizeit leider nicht in jedem Fall eine Auszeit davon bedeutet: Der FGH zufolge sind Straßenfeste, Konzerte, MP3-Player; Besuche in Diskotheken, das Fußballspiel in der Fankurve mitzuerleben und Motorsport zu genießen Beispiele dafür, dass auch außerhalb des Jobs das Gehör oft gefährlich hohen Schallwellen ausgesetzt ist. Experten raten daher, das Gehör in solchen Situationen zu schonen und gut zu schützen. Geeignete Schutzsysteme bekommt man bei Hörgeräteakustiker-Meisterbetrieben.
Wichtige Dezibel-Bereiche
Nach Angaben der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker beginnt eine Gefährdung des menschlichen Gehörs bereits bei ca. 80 bis 85 Dezibel. Da kaum jemand ein Messgerät im Alltag bei sich hat. kann „Otto Normalhörer“ sich darunter jedoch nur schwer etwas vorstellen.
Beispiele für Lärm, vor dem man sich schützen sollte, sind folgende Situationen: Eine Fräsmaschine hat rund 80 Dezibel, während Motorräder und vorbeifahrende Züge es auf 90 Dezibel bringen. Ein Güterzug erreicht 100 Dezibel und die Lärmkulisse durch Kreissägen und in Diskotheken ungefähr 110 Dezibel. Das Livekonzert einer Rockband belastet das Gehör mit rund 120 Dezibel. Noch lauter sind dem Verein zufolge Presslufthämmer und Düsenflugzeuge (130 Dezibel), Schallimpulse in der Metallverarbeitung (140 Dezibel) und kleine Schusswaffen (150 Dezibel). Wer also solchem Lärm ausgesetzt ist, tut gut daran, sich mit Gehörschutz zu versorgen.
Als Beispiele für Lärm, der noch unter der kritischen Grenze liegt, nennt die Bundesinnung die durch Mücken und Computer verursachten Geräusche (10 Dezibel}, Atmen und Uhrticken (20 Dezibel), eine Nacht in einer ruhigen Wohngegend (30 Dezibel), Nieselregen (40 Dezibel), Kühlschrankgeräusche und Regen (50 Dezibel), eine Unterhaltung (60 Dezibel) und knapp darunter Lärm im Büroalltag und normaler Straßenverkehr, die beide rund 70 Dezibel erreichen.
Tinnitus
Etwa drei bis vier Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter einem permanenten Ohrgeräusch wie Pfeifen, Klirren und Rauschen, so der Bundesverband der AOK. Eine äußere Ursache gibt es in den meisten Fällen laut der AOK nicht, weswegen man von einem subjektiven Tinnitus spricht. Zur Vorbeugung empfieht man, sich möglichst keinem Lärm auszusetzen – durch Verzicht auf laute Musik und das Tragen von Gehörschutz, zum Beispiel an geräuschvollen Arbeitsplätzen oder in Konzerten. Ist jedoch das Ohrgeräusch bereits chronisch, können ein beratendes Gespräch beim Arzt und eine geeignete Therapie helfen.
Hörsturz
Im Gegensatz zur altersbedingten oder schleichend zunehmenden Schwerhörigkeit steht die abrupte Hörminderung, der sogenannte Hörsturz. Dieser kann mit Ohrgeräuschen, einem sogenannten Tinnitus, einhergehen.
Der Verband Deutscher Druckkammerzentren rät dazu, unbedingt sofort zum Arzt zu gehen. Die oft eingesetzten durchblutungsfördernden Mittel, Infusionen und Cortison sollen die Stoffwechselsituation der Ohren verbessern, so der Verein. Je eher diese Medikamente eingesetzt werden, desto größer sind die Chancen auf Besserung. Falls der erwünschte Effekt nicht eintritt, steht mit der Hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) eine weitere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung.
Durch den Überdruck in der Therapie-Druckkammer löst sich der über eine Maske eingeatmete Sauerstoff um ein Vielfaches im Körper und versorgt das Innenohr mit dem 4- bis 5-fachen an Sauerstoff. Dadurch erhält das Ohr in seinem Inneren die Möglichkeit, sich zu regenerieren und die Sinneszellen zu stärken.
Hörgeräte: schick oder unauffällig
Die Zeiten, in denen große hässliche grau-beige Hörgeräte hinter den Ohren der Großeltern prangten, gehören der Vergangenheit an. Moderne Hörgeräte können auf Wunsch geradezu unsichtbar oder ein modisches Accessoire in knalligen Farben sein. Moderne Hörsysteme sind kleine leistungsfähige Computer, die sogar attraktiv aussehen, so der Bundesverband der Hörgeräte-Industrie. Designorientierte Kunden finden heutzutage ebenso das passende Gerät wie jene, die es lieber unauffällig oder sogar nahezu unsichtbar mögen.
Audiotherapie
Mit Audiotherapie lassen sich im Laufe der Zeit Hörkompetenz und Hörerfolg verbessern – darauf weist die Europäische Union der Hörgeräteakustiker hin. Nach Mitteilung des Vereins warten Menschen mit Hörproblemen oft zu lange, bis sie zum HNO-Arzt oder zum Hörgeräteakustiker gehen. Das Gehirn verlernt allmählich das Erkennen, Verarbeiten und Verstehen von Sprache. Nach einer Hörgeräteversorgung kann die zurückgewonnene Hörwelt daher zunächst verwirrend wirken. Audiotherapie hilft, die Fülle der akustischen Informationen wieder richtig einzuordnen und erleichtert den Menschen den Umgang mit dem besseren Hören.
Audiotherapie ist Aufgabe des Hörgeräteakustikers und eignet sich besonders für Menschen, die bereits ohne Hörsysteme Probleme beim Hören im Umgebungslärm haben und für hörentwöhnte Kunden, die längere Zeit unversorgt waren. Sie richtet sich an Menschen mit mittleren und schweren Hörverlusten, einer ausgeprägten Geräuschempfindlichkeit und ist für Tinnitus-Patienten geeignet. Neben einem Hörtraining umfasst Audiotherapie auch soziale Aspekte. Es gibt konkrete Tipps, wie die Schwerhörigkeit ins Arbeitsleben integriert werden kann, ohne dass der Arbeitsplatz verloren geht, und Hilfsangebote beim Ausgleich von Kommunikationsbarrieren und sozialrechtlichen Fragen. Audiotherapeuten sorgen dafür, dass der Stellenwert des Hörens im Alltag des Schwerhörigen erhöht wird.
Der Audiotherapeut unterstützt den Schwerhörigen darin, sich in der akustischen Welt wieder besser zurechtzufinden. Er trainiert Hörsituationen und gibt konkrete Verhaltenshinweise. Menschen, die die Audiotherapie gemacht haben, kommen in der Regel besser und schneller mit den neuen Hörsystemen klar.
Es ist ein ganzheitliches Konzept, das von speziell ausgebildeten Hörgeräteakustikern angeboten wird. Die Therapie dient als Vorbereitung auf das dauerhafte Tragen der Hörsysteme und umfasst gezielte Übungen sowie die Anleitung zum Selbsttrainieren, außerdem gibt es Geräte zum Mitnehmen für zu Hause.
Ich habe durch eine Hörsturz einen leichten Hörverlust erlitten und nutze nun seit einiger Zeit ein Hörgerät für den Alltag. Meine Bedenken waren zu Beginn auch, dass die Geräte alle einheitlich grau oder braun sind und ein überdimensionales Gehäuse haben. Ich kann aber bestätigen, dass die Geräte mittlerweile wirkliche Designerstücke sind und nichts mehr mit den Klischees von früher zu tun haben. Ich selbst habe mich für ein knallig rotes Gehäuse entschieden.