ERSTE HILFE bei Erhalt eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheides

Was tun bei Erhalt eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheides?

Sie haben einen Mahn- oder Vollstreckungsbescheid bekommen? Sie können sich den Grund nicht erklären? Oder kennen sogar den Grund?

Nur keine Panik, noch ist nicht alles verloren. Grundsätzlich aber gilt, nicht „den Kopf in den Sand stecken“, sondern um die Sache kümmern, sie erledigt sich nicht von selbst, auch wenn die Dinge einem so nach und nach „über den Kopf zu wachsen“ scheinen.

Eine altbekannte Masche: Dubiose Firmen versenden Rechnungen, die zum Teil oder komplett unberechtigt sind. So durchschaubar die Abzocke ist, so aberwitzig die Forderung auch sein mag – man muss darauf reagieren. Legt man nicht rechtzeitig Widerspruch (muss innerhalb von 14 Tagen beim Mahngericht eingegangen sein) ein und wird schließlich der Vollstreckungsbescheid (VB) rechtskräftig, hat man verloren. Dann kann man kaum noch dagegen juristisch vorgehen.

1. Mahnung
Erhalten Sie eine Mahnung, mit der Sie nichts anfangen können oder die Sie für unberechtigt halten, fragen Sie bei der entsprechenden Firma nach. Weisen Sie daraufhin, dass Sie keine Rechnung bekommen haben und bitten Sie um Übersendung einer Rechnungskopie und der Auftragsbestätigung.

2. Mahnbescheid
2.1. Überlegen Sie zunächst genau und prüfen Sie Ihre Unterlagen entsprechend, ob Ihnen der im Mahnbescheid (MB) genannte Antragsteller, also der Gläubiger bzw. Anspruchsteller bekannt ist. Prüfen Sie auch genau den gesamten Inhalt des Mahnbescheides, oftmals sind Inkassofirmen oder Rechtsanwälte die Antragsteller, die den Mahnbescheid entweder stellvertretend für den eigentlichen Gläubiger beantragen oder aber das Mahnverfahren nach „Kauf der Forderung vom ursprünglichen Gläubiger“ selbst betreiben. Deshalb hier schon äußerste Sorgfalt walten lassen, nur weil einem der Antragsteller nicht bekannt ist, bedeutet das noch nicht automatisch, dass die Forderung unberechtigt sein muss.

Allerdings: Sie sollten sich sicher sein, dass die Forderung wirklich unberechtigt ist. Falls Sie sich irren, kann Klage gegen Sie erhoben werden, dann drohen noch höhere Kosten. Wenn Sie zweifeln, wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale.

Prüfen Sie auch unbedingt, ob Ihr Name richtig angegeben wurde, Ihre Adresse richtig ist. Auch hier gab es schon folgenschwere Verwechselungen. Ihre Angaben finden Sie unter anderen unter „Antragsgegner“, der Sie in einem Mahnverfahren sind.

Grundsätzlich müssen Sie bedenken, dass das Mahngericht nicht die Echtheit und Richtigkeit der durch den Antragsteller und Gläubiger in dessen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides behaupteten Forderung prüft!

2.2. Ist Ihnen der Gläubiger nicht bekannt, verfahren Sie weiter, wie unter Punkt 2.6. beschrieben ist.

2.3. Ist Ihnen der Gläubiger bekannt, dann prüfen Sie den Grund der Forderung und deren Höhe.

2.4. Kennen Sie die Forderung? Ist deren Höhe berechtigt?

2.5. Ist die Forderung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt, bringt Ihnen ein Widerspruch nichts. Das würde nur weiteres Geld kosten, was Sie letztlich bezahlen müssten. Eine Rechtsschutzversicherung würde aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eintreten oder aber später eine bereits erteilte Deckungszusage widerrufen, weil ein Widerspruch faktisch willkürlich wäre.

Sie sollten sich dann aber schnellstens mit dem Gläubiger in Verbindung setzen, möglichst schriftlich und nachweisbar, oder, wenn es eilt, auch telefonisch, aber dann unbedingt mit der abschließenden Bitte, den Gesprächsinhalt kurz schriftlich zu bestätigen. Vergessen Sie aber dabei nicht, Sie sind in der schwächeren Position und wollen etwas vom Gläubiger.

Wichtig: sollte es noch zu einer für Sie günstigeren Vereinbarung kommen, wie Ratenzahlung und Stopp des Mahnverfahrens etc., was ja Ihr zwingendes Ziel sein muss, dann gilt es, diese Vereinbarungen auch einzuhalten. Bieten Sie keine zu hohen oder unrealistischen Ratenhöhen an. Denken Sie immer daran, niemand weiß, was in der Zukunft noch alles passiert. Trauen Sie sich nicht mehr zu, als Sie abschätzen können. Und sollten Sie sich mit dem Gläubiger geeinigt haben und dann doch mal nicht zahlen können, sofort beim Gläubiger melden und nicht warten, bis der wiederum verärgert ist.

2.6. Ist die Forderung sowohl dem Grunde oder bzw. und der Höhe nach nicht richtig, legen Sie sofort Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein. Fast immer wird dem Mahnbescheid hierfür ein Formular beigefügt. Sollten dies nicht der Fall sein oder wollen Sie aus irgendeinem Grunde dieses Formular nicht nutzen wollen, sollte Ihr Widerspruch folgenden Inhalt haben:

2.6.1. bei Widerspruch gegen die gesamte Forderung:

„Vorname + Name
Straße + Hausnummer
PLZ + Wohnort
Datum

 

Amtsgericht (siehe Mahnbescheid)
– Zentrale Mahnabteilung –
(Adresse des Mahngerichtes (siehe Mahnbescheid))

 

In der Mahnsache

(Name des Antragstellers aus dem Mahnbescheid) gegen (Name des Antragsgegners)
Geschäftsnummer: … (siehe Mahnbescheid)

lege ich gegen den Mahnbescheid vom …, der mir am … zugegangen ist, Gesamtwiderspruch ein.

(Unterschrift)“.

2.6.2. bei Widerspruch gegen nur einen Teil der Forderung (das kann z. B. bei nur teilweiser Richtigkeit des Mahnbescheides der Fall sein):

„Vorname + Name
Straße + Hausnummer
PLZ + Wohnort
Datum

 

Amtsgericht (siehe Mahnbescheid)
– Zentrale Mahnabteilung –
Adresse des Mahngerichtes (siehe Mahnbescheid)

 

In der Mahnsache

(Name des Antragstellers aus dem Mahnbescheid) gegen (Name des Antragsgegners)
Geschäftsnummer: … (siehe Mahnbescheid)

lege ich gegen die Hauptforderung des Mahnbescheides vom …, der mir am … zugegangen ist, in Höhe von … € Widerspruch ein. Gleichzeitig wird den darauf entfallenden Zinsen und Kosten anteilig widersprochen.

Alternative:

widerspreche ich einem Teil der Hauptforderung in Höhe von … € und den gesamten geltend gemachten Kosten und Zinsen.

(Unterschrift)“.

2.6.3. Für beide Widersprüche gilt grundsätzlich:

2.6.3.1. Legen Sie sofort Widerspruch ein, schieben Sie es nicht auf die „lange Bank“, Sie müssen eine nicht gerade lange Frist einhalten.

2.6.3.2. Fertigen Sie eine Kopie oder Durchschrift von Ihrem Widerspruch für Ihre Unterlagen an. Vergessen Sie auf keinen Fall das Aktenzeichen des Mahngerichts anzugeben (siehe Mahnbescheid) und Ihre Unterschrift.

2.6.3.3. Versenden Sie den Widerspruch sowohl per Post, als auch per Fax und nur an das Mahngericht (steht oben im Mahnbescheid), nicht an den Gläubiger. Zum einen muss der Gläubiger Ihren Widerspruch nicht zum Mahngericht weitersenden und zum anderen gilt die Widerspruchsfrist nur als eingehalten, wenn der Widerspruch innerhalb dieser Frist beim Mahngericht (!!!) eingegangen ist. Achten Sie darauf, dass Sie mindestens einen Versandnachweis haben.

2.6.3.4. Setzen Sie sich unverzüglich mit Ihrer Rechtsschutzversicherung in Verbindung, wenn Sie eine solche haben, und melden Sie ihr den Rechtsstreit und ersuchen dort um eine Deckungszusage für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für die außergerichtliche und gerichtliche Wahrnehmung und Vertretung Ihrer Interessen. Alternativ können Sie auch sofort einen Rechtsanwalt beauftragen, aber auch hier ist Vorsicht angebracht. Sollte die Rechtsschutzversicherung aus irgendeinem Grunde ihre Deckungszusage verweigern, müssen Sie den beauftragten Rechtsanwalt selbst bezahlen.

Alternativ können Sie sich auch direkt an die Rechtsantragsstelle des Amtsgerichtes Ihres Wohnortes wenden oder an öffentliche Rechtsberatungsstellen (z. B. bei der Arbeitnehmerkammer) und dort um Rat fragen.

Sollten Sie keine Rechtsschutzversicherung besitzen und kein ausreichendes Einkommen für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes haben, besteht in allen Bundesländern die Möglichkeit, eine Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz beim Amtsgericht Ihres Wohnortes zu beantragen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Lösung verhindern, dass Bürger mit schwacher oder ungenügender Einkommenssituation rechtliche Nachteile in Kauf nehmen müssen und in Rechtsstreitigkeiten schwächer gestellt werden, als die Gegenpartei.

2.7. Nach einiger Zeit wird Ihnen das Mahngericht eine Mitteilung übersenden, aus der hervorgeht, wie die Sache weitergeht.

In der Regel hat der Gläubiger schon bei Beantragung des Mahnbescheides im Falle eines Widerspruches die Abgabe an das Amtsgericht am Wohnort des Antragsgegners, also Ihres,  zur Durchführung des „streitigen Verfahrens“ beantragt.

2.8. Nach Eingang Ihres Widerspruchs wird der Gläubiger bzw. Antragsteller davon in Kenntnis gesetzt und muss innerhalb einer bestimmten Frist die Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht beantragen, sofern er das nicht schon zusammen mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides getan hat.

2.9. Nachdem das Mahnverfahren beim Streitgericht (Klagegericht), in der Regel dem Amtsgericht Ihres Wohnortes, eingegangen ist, wird aus dem „Mahnverfahren“ ein „Klageverfahren“ und es bekommt eine neues Aktenzeichen. Gleichzeitig wird aus dem „Antragsteller“, also dem Gläubiger, der“ Kläger“ und aus dem „Antragsgegner“, also Ihnen, die/der“ Beklagte“.

2.10. Der Kläger wird nunmehr vom Klagegericht aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist seine Klage einzureichen und seinen Anspruch aus dem Mahnbescheid zu begründen. Sie müssen erst einmal noch gar nichts machen. Theoretisch könnten auch Sie das Klageverfahren auch selbstständig betreiben und auf Abweisung der Forderung aus dem Mahnbescheid klagen, aber warum soll man dem Kläger entgegenarbeiten.

2.11. Wenn die Klage beim Klagegericht eingegangen ist, wird sie Ihnen zugestellt und Sie müssen dann innerhalb einer bestimmten Frist antworten und die Klage erwidern. Spätestens dann sollten Sie aber einen Rechtsanwalt mit der Vertretung Ihrer Interessen beauftragt haben, um größeren Schaden zu vermeiden. Ganz wichtig ist aber auch hier die Einhaltung der genannten Fristen.

2.12. Viele unseriöse Firmen geben nach Widersprüchen gegen ihren Mahnbescheid auf. Denn sie müssten beim Amtsgericht ihre Forderungen begründen. Aber Achtung: Sind die Forderungen tatsächlich berechtigt, können sie natürlich vor Gericht durchgesetzt werden und auf Sie kämen zusätzliche Kosten zu. Also nicht blindlings jedem Mahnbescheid widersprechen, sondern vorab wie beschrieben prüfen und sichergehen, dass Sie im Recht sind!

3. Vollstreckungsbescheid
3.1. Sollten Sie trotz aller Vorsicht oder auch infolge Ortsabwesenheit oder Krankheit o. ä. nicht rechtszeitig Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt haben, kann der Gläubiger bzw. Antragsteller nach 14 Tagen einen Vollstreckungsbescheid (VB) beantragen. der Vollstreckungsbescheid wird auch erlassen und auch hier wird vom Gericht nichts geprüft.

Aber auch jetzt ist noch nicht alles verloren.

3.2. Der Vollstreckungsbescheid kann Ihnen auf verschiedenen Wegen zugestellt werden, entweder durch das Mahngericht auf dem Postwege oder der Gläubiger beauftragt einen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung an Sie. Der Gerichtsvollzieher wiederum kann den Vollstreckungsbescheid per Post an Sie senden oder aber an den für Ihren Wohnort zuständigen Gerichtsvollzieher mit dem Auftrag weitergeben, eine persönliche Zustellung und gleichzeitig einen 1. Pfändungsversuch vorzunehmen. Auch der Gläubiger kann den für Ihren Wohnort zuständigen Gerichtsvollzieher direkt beauftragen.

3.3. Gegen einen Vollstreckungsbescheid können Sie aber auch noch Rechtsmittel einlegen. Das nennt sich dann „Einspruch einlegen“. Für den Einspruch fügt das Gericht kein Formular bei. Dies muss allerdings innerhalb von 14 Tagen geschehen. Ansonsten ist der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig und nur in seltenen Fällen kann dann noch gegen ihn vorgegangen werden. Ihr Einspruch sollte den nachfolgenden Inhalt haben:

„Vorname + Name
Straße + Hausnummer
PLZ + Wohnort
Datum

 

An das
Amtsgericht (siehe Vollstreckungsbescheid)
– Zentrale Mahnabteilung –
Adresse des Mahngerichts (siehe Vollstreckungsbescheid)

 

In der Mahnsache

(Name des Antragstellers aus dem Vollstreckungsbescheid) gegen (Name des Antragsgegners)
Geschäftsnummer: … (siehe Vollstreckungsbescheid)

lege ich gegen den Vollstreckungsbescheid vom …, der mir am … zugegangen ist, in vollem Umfang Einspruch ein.

(Unterschrift)“.

3.4. Und wieder Achtung: nach dem Einspruch, den Sie wie bereits beschrieben, nachweisbar versenden sollten, und vor allen Dingen muss er innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist dort eingehen, wird dann das Mahnverfahren wie bereits beschrieben in das „streitige Verfahren“ an das Streitgericht übergeben und es wird vor dem Amtsgericht geklärt, ob die Forderung berechtigt ist oder nicht. Die Kosten trägt der „Verlierer“.

Anmerkung des Autors: Es wird für diesen Ratgeber keine Gewähr übernommen, Dieser Ratgeber ist keine Rechtsberatung und ersetzt nicht die Beratung durch einen Rechtsanwalt. In einzelnen Fällen kann es ratsam und nützlich sein, bei der Erstellung eines Widerspruches oder Einspruches die Hilfe eines GERICHTSERFAHRENEN Schreibdienstes in Anspruch zu nehmen, um keine möglichen formellen Fehler zu machen. Der Autor bietet diesen Schreibdienst ohne Rechtsberatung an. Interessenten melden sich bitte beim Autor unter der im Impressum dieser Webseite genannten E-Mail-Adresse. Es werden nur per E-Mail eingehende diesbezügliche Anfragen beantwortet.

 

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Robert Haschel aus Langewiesen in Thüringen.
Ende des Beitrags 1-2009-096-1538
Alle Angaben ohne Gewähr. Änderungen, Schreibfehler und Irrtum vorbehalten. Alle Angaben sind sorgfältig recherchiert worden. Weder der/die Autor/Autorin noch die Webseitenbetreiber übernehmen eine Haftung für etwaige Negativfolgen, die sich durch die Anwendung des obigen Beitrages ergeben. Etwaige rechtliche Hinweise ersetzen keine Rechtsberatung. Im Zweifelsfall lassen Sie sich bitte vor Anwendung dieses Ratgebers durch einen Rechtsanwalt beraten.

Beitrag teilen

Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter:

Erhalten Sie einmal in der Woche eine E-Mail mit unseren neuesten Beiträgen.
Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*