Nach dem Berufsleben vorzeitig in Rente gehen und bei voller Fitness den Ruhestand genießen – viele Berufstätige wollen das. Und viele können das auch. Für weitergehende Fragen standen die Finanztest-Experten Simone Weidner und Theodor Pischke Rede und Antwort im Chat auf test.de. Hier lesen Sie das Protokoll des Chats.
Die Top 3-Fragen
Moderator: Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Hier die TOP-1-Frage aus dem Pre-Chat:
Thora: Eine Arbeitnehmerin (Jahrgang 1960) arbeitet seit 1977 ununterbrochen Vollzeit und kann mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente. Sie würde gerne früher mit Altersteilzeit (Blockmodell) in Rente gehen. Ihr Arbeitgeber bietet aber leider keine Altersteilzeit an. Gibt es einen Rechtsanspruch darauf? Oder andere Alternativen für einen vorzeitigen Ruhestand?
Theodor Pischke: Nein, es gibt keinen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit. Entweder muss Ihr Arbeitgeber zustimmen oder es gibt eine tarifvertragliche Vereinbarung zur Altersteilzeit, an die er gebunden ist. Es gibt noch andere Möglichkeiten, vorzeitig in Rente zu gehen, die jedoch an enge Voraussetzungen gebunden sind und auf die wir später sicher noch eingehen.
Moderator: …und hier die Top-2-Frage:
Kuddel: Ein Arbeitnehmer (Geburtsjahr 1952) mit knapp 45 Versicherungsjahren (44 Jahre und 9 Monate) hat sich seit dem 01.01.2012 unter Fortzahlung bestimmter Bezüge beurlauben lassen. Seit diesem Zeitraum werden keine Rentenversicherungsbeiträge mehr eingezahlt. Mit 63 Jahren muss er die Altersrente beantragen. Ist es ratsam, dass er noch drei Monate eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt, um 45 Versicherungsjahre zu erreichen?
Simone Weidner: Warum müssen Sie die Altersrente beantragen? Wenn dies wirklich ein Muss sein sollte, hat es keinen Sinn, die 45 Versicherungsjahre voll zu machen, weil Sie mit 63 Jahren als langjährig Versicherter in Rente gehen können. Allerdings nur mit Abschlägen.
Moderator: …und die Top-3-Frage:
Andreas: Ich bin Jahrgang 1966 und werde mit 62 Jahren 45 Versicherungsjahre voll haben. Soweit ich informiert bin, ist es nach 35 Versicherungsjahren möglich, mit Abschlägen bereits 2 Jahre früher in Rente zu gehen. Nach 45 Jahren kann ich bereits mit 65 ohne Abschläge in Rente gehen. Ist es dann ebenfalls möglich, 2 Jahre früher mit Abschlägen die Rente zu beginnen. Zum Beispiel mit 63 Jahren und 7,2 Prozent Abschlag (0,3 Prozent pro Monat)?
Theodor Pischke: Ja, allerdings nicht wie Sie schreiben mit einem Abschlag von 7,2 Prozent, sondern mit einem Abschlag von 14,4 Prozent. Der Abschlag wird anhand des regulären Rentenbeginns berechnet. Sie können „regulär“ mit 67 Jahren in Altersrente gehen…
Simone Weidner: …das heißt mit 63 gingen Sie 4 Jahre vorher. Das ergibt einen Abschlag von 14,4 Prozent.
Eine aktuelle Frage
Moderator: Hier eine aktuelle Frage:
Keiner: Ich (1952 geboren) möchte gerne länger arbeiten. Vorausgesetzt der Arbeitgeber würde das begrüßen, gibt es da irgendwelche Probleme?
Simone Weidner: Nein, no problem. Wenn Sie über die reguläre Altersgrenze hinaus – bei Ihnen also mit 65 Jahren und 6 Monaten – arbeiten möchten, also später in Rente gehen, bekommen Sie sogar einen Aufschlag auf die Rente.
Fragen zur Altersteilzeit
Ralle_57: Gelten bei Altersteilzeit tatsächlich Mindestversicherungszeiten in der Gesetzlichen Rentenversicherung (gemäß „langjährig Versicherte“)? Ich war langjährig als Freiberufler tätig und mir fehlen für Altersteilzeit jetzt gut 13 Jahre „Versicherungsverlauf“; auch nachzahlen geht nach Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) nicht. Stimmt das alles oder sehen Sie doch noch Ansätze & Möglichkeiten? Danke & Gruß.
Theodor Pischke: Meinen Sie Altersteilzeit oder die Rente nach Altersteilzeit? Wenn es sich um Altersteilzeit handelt, entscheidet nicht die Deutsche Rentenversicherung, ob Sie Altersteilzeit machen dürfen oder nicht, sondern Ihr Arbeitgeber bzw. dies ist tarifvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt. …
Theodor Pischker: Geht es um die Rente nach Altersteilzeit, so ist dies nur noch möglich für alle, die vor 1952 geboren wurden. Außerdem muss man eine Mindestversicherungszeit von 15 Jahren vorweisen.
Simone Weidner: Wenn man nicht auf diese 15 Jahre kommt, ist eine vorgezogene Rente nach Altersteilzeit nicht möglich.
Kurz vor der Rente arbeitslos
sunwind: Ich werde mit 63 Jahren meine passive Phase der Altersteilzeit beenden. Kann ich mich dann mit 63 Jahren arbeitssuchend melden um dann mit 65 meine Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu beziehen? Wie sind die Auswirkungen der ggf. Arbeitslosigkeit auf Kranken- und Rentenversicherung ? Muss ich mit Sperrzeiten rechnen ?
Theodor Pischke: Ja, Sie können sich arbeitslos melden, wenn Sie noch Anspruch auf 24 Monate Arbeitslosengeld I haben, können Sie dann mit 65 Jahren in Rente gehen. Ihr Arbeitslosengeld bemisst sich aber nur nach dem versicherungspflichtigen Bruttoeinkommen während der Altersteilzeit.
Simone Weidner: Wenn Sie erst mit 65 in Rente gehen, ersparen Sie sich eine Rentenkürzung. Allerdings ist eine Sperrzeit möglich. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch unterschiedlich. So hat das Bundessozialgericht entschieden, dass eine Sperre ausgeschlossen ist, wenn der Beschäftigte einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hat, um einer Kündigung zu entgehen. Lassen Sie sich vom Betriebsrat oder der zuständigen Gewerkschaft beraten.
Eine weitere aktuelle Frage
Moderator: …und eine aktuelle Frage:
fanscher: Guten Tag. Ich (weiblich) bin im Mai 1950 geboren. Ich beziehe bis 31.01.2014 Arbeitslosengeld. Das Arbeitsamt sagt, ich müsse zum 01.02.2014 Rente beantragen. Dies bedeutet, dass ich mit Abzügen rechnen muss. Kann ich ab 01.02.2014 ALG II (Arbeitslosengeld) beantragen oder muss ich Rente beantragen?
Simone Weidner: Lassen Sie sich von der Deutschen Rentenversicherung beraten, das ist kostenlos. Die Rentenversicherung ist verpflichtet, Sie so zu informieren, dass Sie optimal in Rente gehen können.
Wann kann ich frühestens in Rente gehen?
Sally: Ich bin angestellt und hätte mit 61 Jahren (Jahrgang 1969) die 45 Versicherungsjahre in der Rentenkasse erreicht. Wann könnte ich frühestens ohne Abschläge Rente beziehen?
Simone Weidner: Ohne Abschläge können Sie frühestens mit 65 Jahren in Rente gehen.
J.J.Rambo: Ich bin 53 Jahre alt und männlich. Arbeite ununterbrochen seit meinem 14. Lebensjahr und möchte mit 59 in Rente. Seit November 1991 bin ich im öffentlichen Dienst als Arbeiter beschäftigt. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit dies zu tun? Rentenversicherung sagt NEIN!
Simone Weidner: „Nein“ stimmt. Eine gesetzliche Altersrente können Sie mit 59 Jahren nicht bekommen.
Herta2202: Ich bin weiblich, 70%-schwerbehindert und möchte so früh wie möglich in Rente gehen, weil ich erwerbsunfähig bin (jedoch ohne Ankerkennung). Wann kann dies ohne und auch mit Abzügen der Fall sein?
Theodor Pischke: Mit einer Schwerbehinderung von mindestens 50 Prozent können Sie vorzeitig in Altersrente gehen. Der genaue Termin hängt vom Geburtsdatum ab. Schwerbehinderte, die vor 1951 geboren worden sind, brauchen keine Schwerbehindertenbescheinigung. Sie haben auch dann Anspruch auf eine Schwerbehindertenrente, wenn sie nach dem bis Ende 2000 geltenden Recht berufs- und erwerbsunfähig sind. Später Geborene müssen dagegen immer ihre Schwerbehinderung nachweisen.
Simone Weidner: Wie hoch die Abschläge bei einer Altersrente für Schwerbehinderte sind, hängt vom Geburtsdatum ab. Wer 1964 oder später geboren worden ist, bekommt die Rente ohne Abschlag mit 65 Jahren und mit Abschlägen frühestens mit 62 Jahren. In diesem Fall beträgt der Abschlag 10,8 Prozent.
Wann muss ich mit Abschlägen rechnen?
Moderator: …und eine aktuelle Nachfrage:
Andreas: Noch mal zur Sicherheit zur Top-3-Frage: Als besonders langjährig Versicherter kann ich ja mit 65 ohne Abschläge in Rente gehen. Wenn ich auch nur einen Monat früher gehen möchte, also mit 64 Jahren und 11 Monaten, werden mir 25 Monate Abschlag abgezogen?
Simone Weidner: Ja, der Abschlag bemisst sich an dem regulären Renteneintrittsalter (in diesem Fall 67 Jahre).
Kuddel: Top-2-Frage: Zusatzfrage. Ich muss mit 63 Jahren die Altersrente beantragen. Wenn ich 45 Versicherungsjahre voll habe, werden dann keine Abschläge erhoben?
Theodor Pischke: Doch, es werden Abschläge erhoben. Wenn Sie 45 Versicherungsjahre voll haben, können Sie abschlagfrei nur mit 65 Jahren in Altersrente gehen, nicht früher. Gehen Sie mit 63 Jahren, werden von den bis dahin erworbenen Rentenansprüchen 14,4 Prozent abgezogen.
Moderator: …und noch eine aktuelle Frage:
jk_mch: Ich bin Jahrgang 1952 und werde mit 63 Jahren meine passive Altersteilzeitphase beenden und in Rente gehen, d.h., 30 Monate vor dem nominellen Rentenbeginn, was dauerhaft 9 Prozent weniger Rente bedeutet. Wie viel verliere ich zusätzlich dadurch, dass ich in diesen 30 Monaten keine Rentenbeiträge mehr bezahle?
Theodor Pischke: Das hängt von Ihrem Verdienst ab. In der Altersteilzeit wurden ja eh schon nicht die vollen Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Fordern Sie von der Deutschen Rentenversicherung eine Rentenauskunft an, die den konkreten Rentenverlust enthält.
Wann sollte ich damit beginnen, an meine Rente zu denken?
Heike: Derzeit befinde ich mich im zweiten Ausbildungsjahr über Meisterbafög und muss noch ein Jahr lernen. Ich bin 46 und habe nur zwei derzeit stillgelegte Riesterrentenversicherungen. Was kann ich tun, um mich abzusichern?
Simone Weidner: Sofern Sie rentenversicherungspflichtig beschäftigt sind, können Sie erwägen, Ihre Riesterrentenversicherung wiederaufzunehmen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn Sie gute Verträge haben. Generell ist die Riesterrente erste Wahl, wenn es um die geförderte Altersvorsorge geht. Bedenken Sie, dass Sie vom Staat 154 Euro Grundzulage im Jahr bekommen, sofern 4 Prozent Ihres Bruttovorjahreseinkommens insgesamt in den Riestervertrag fließen. Prüfen Sie doch noch mal, ob das auch für Sie mit Ihrem Ausbildungsgehalt machbar ist.
Olaf1990: Ich bin Student und werde bald ins Berufsleben eintreten. Worauf muss ich beim Eintritt in den Beruf achten? Wie kann ich meine berufliche Laufbahn von Anfang an so gestalten, dass ich später flexibel in Rente gehen kann?
Theodor Pischke: Wenn Sie in Ihrem Berufsleben gut verdient haben, werden Sie später auch eine auskömmliche Rente bekommen. Altersarmut ist dann vorprogrammiert, wenn Sie keine durchgehende Berufsbiographie und viele Zeiten mit prekärer Beschäftigung haben. Denn die Rente ist ein Abbild des Arbeitslebens. Wie „flexibel“ Sie in vielen Jahrzehnten in den Ruhestand wechseln, ist jetzt noch nicht abzusehen. Das Rentenrecht kann sich bis dahin auch wieder ändern. Es macht keinen Sinn, sich jetzt schon den Kopf darüber zu zerbrechen.
Jochen: Ich bin 55 Jahre alt, arbeite im öffentlichen Dienst und gerade dabei meine Rente zu planen. Die Bruttorente zu planen ist eigentlich Dank guter Beratung der entsprechenden Stellen (Deutsche Rentenversicherung, ZVK) gut möglich. Wie kann ich aber am besten heute schon kalkulieren, was mir nach Abzug von Sozialversicherung und Steuer später tatsächlich als verfügbares Einkommen bleibt?
Simone Weidner: Die Stiftung Warentest bietet im Internet auch kostenlose Rechner an, mit denen Sie Ihren Finanzbedarf im Alter und Ihre Rentenlücke gut ausrechnen können: www.test.de/rentenluecke und www.test.de/finanzbedarf. Rund um das Thema Altersvorsorge finden Sie Tests und Infos unter www.test.de/altersvorsorge-rente/.
Berechnung der Rentenhöhe
schlappeflicker: Wenn ich (54 Jahre) mit 65 ohne Abzüge in Rente gehen kann, da ich die 45 Versicherungsjahre (61 Jahre) erfüllt habe, werden die Jahre danach noch zur Rente hinzu gezählt (ergo höhere Rente) oder zahle ich nur die Beiträge zur Rentenversicherung und es findet keine Anrechnung auf meine Rente?
Theodor Pischke: Ja, mehr Beiträge steigern Ihre Rente.
Wirbelwind: ich werde am 6.8.2013 63 Jahre und möchte aus dem Berufsleben ausscheiden. Alle Voraussetzungen dafür sind erfüllt. Wann muss ich den Rentenantrag stellen und was ist dabei zu beachten? Um die Abzüge auszugleichen, ist es möglich einen Ausgleichsbetrag zu entrichten, wie kann ich den errechnen?
Simone Weidner: Sie sind spät dran. Pünktlich zum 63. Geburtstag werden Sie den Rentenbeginn nicht mehr schaffen. Ihren Rentenantrag sollten Sie rund 4 Monate vor Rentenbeginn stellen – vorausgesetzt, alle Versicherungszeiten sind korrekt auf Ihrem Rentenkonto erfasst. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Rentenkonto unvollständig ist, sollten Sie einen Antrag auf Kontenklärung stellen.
Theodor Pischker: Ja, Sie können Rentenabschläge ausgleichen. Die Rechnung dafür ist ein wenig kompliziert. Ihr Rentenversicherer ist allerdings verpflichtet, Ihnen eine Rentenauskunft zu erteilen, die den erforderlichen Ausgleichsbetrag ausweist. Hierzu müssen Sie einen entsprechenden Antrag stellen (Vordruck V210). Sie können ihn bei der Deutschen Rentenversicherung bekommen oder auf ihrer Internetseite herunterladen: www.deutsche-rentenversicherung.de.
Moderator: Kommen wir zu unserer letzten Frage im heutigen Chat.
Rolandschu: Was ist eine Teilrente und welche Voraussetzungen bzw. Nachteile gibt es?
Simone Weidner: Sie können eine Altersrente auch als Teilrente in Anspruch nehmen. Die Rente beträgt dann – je nach Hinzuverdienst – ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der Vollrente. Die Hinzuverdienstgrenzen werden individuell ermittelt. Auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können bei einem monatlichen Hinzuverdienst von mehr als 450 Euro brutto in verminderter Höhe als anteilige Rente geleistet werden, wenn weiterhin eine Erwerbsminderung vorliegt.
Stand: Juli 2013
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