Käufer von Gebrauchtwagen mit Garantie haben oft auch dann Anspruch auf Übernahme von Reparaturkosten, wenn sie nicht zur Inspektion waren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Zahlreiche andere Medien berichten hingegen zum Urteil: Autobesitzer dürfen Inspektionen auch in freien Werkstätten machen lassen. Doch darum geht es gar nicht. test.de erklärt die Rechtslage.
Streit um Motorreparatur
Das ist der Fall, über den BGH zu entscheiden hatte: Der spätere Kläger kaufte einen Gebrauchtwagen mit einem Jahr Garantie für gut 10 000 Euro. Garantiegeber war die CG-Car Garantie Versicherung. Bedingung für Leistungen ist laut Garantiebedigungen: „dass der Käufer/Garantienehmer (…) an dem Kraftfahrzeug die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber oder in einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführen lässt“. Der Käufer ließ alle Inspektionen vornehmen, die letzte aber in einer freien Werkstatt. Acht Monate nach dem Kauf blieb der Wagen mit Motorschaden liegen. Die Ölpumpe hatte versagt. Die Reparaturkosten lagen bei rund 3 500 Euro.
Ausschluss ohne Wirkung
Der Bundesgerichtshof urteilte: Es handelt sich um eine kostenpflichtige Garantie. Deshalb müssen die Garantiebedingungen fair sein. Für kostenlose Herstellergarantien, wie es sie oft beim Neuwagenkauf gibt, gilt das nicht. Sie erscheinen als freiwillige Leistung, deren Voraussetzungen und Umfang die Hersteller frei bestimmten dürfen. Das geht bei kostenpflichtigen Garantien nicht. Jede Leistung stets auszuschließen, wenn Autobesitzer Inspektionen ausgelassen haben, sei unfair, fanden die Richter am Bundesgerichtshof. Zulässig sei höchstens, die Übernahme von Reparaturkosten für Schäden auszuschließen, die tatsächlich auf mangelhafter Wartung beruhen.
Weitreichende Folgen
Folge des Urteils: Käufer von Gebrauchtwagen mit Garantie und uneingeschränkter Inspektionspflicht sind fein raus. Sie haben Anspruch auf Übernahme der Reparaturkosten – unabhängig davon, ob sie überhaupt zur Inspektion waren. Da die Klausel insgesamt unwirksam ist, besteht dieser Anspruch selbst dann, wenn ein Schaden tatsächlich auf fehlender Wartung beruht. Die aktuell im Internet bei manchen Werkstätten abrufbaren Gebrauchtwagengarantie-Bedingungen von Car Garantie enthalten samt und sonders die vom BGH für unwirksam gehaltene Inspektionspflicht. Auf Anfrage von test.de bestätigt Car-Garantie-Prokurist Klaus Herzog, dass die Firma nach wie vor die vom BGH beanstandeten Bedingungen verwende.
Medien im Irrtum
Viele Berichte über das Urteil des BGH sind irreführend. So schreibt Spiegel Online: “Gebrauchtwagen-Garantie gilt auch bei Wartung in freier Werkstatt“. Ob Inspektionen bei Vertrags- oder freien Werkstätten vorgenommen werden, spielt jedoch erst eine Rolle, wenn die Garantieanbieter ihre Bedingungen ändern. Im Klartext: Vorläufig haben Autokäufer mit Gebrauchtwagengarantie auch dann Anspruch auf Übernahme der Reparaturkosten, wenn sie gar nicht bei Inspektionen waren. Vermutlich werden Garantieversicherer wie Car Garantie ihre Bedingungen bald ändern. Dann stellt sich tatsächlich die Frage, ob sie Inspektionen in Vertragswerkstätten vorschreiben dürfen oder sich auch mit der oft preiswerteren Arbeit freier Unternehmen begnügen müssen. Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof freilich noch gar nicht beschäftigt.
Bundesgerichtshof – Urteil vom 25.09.2013 – Aktenzeichen: VIII ZR 206/12
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