Manuelle Therapie hat heutzutage ihren festen Platz im medizinischen System und viele Menschen schwören auf das Können der gut ausgebildeten Profis, die mit ihren Händen ihren Patienten helfen und heilen wollen. Nachfolgend werden einige bekannte Methoden vorgestellt.
Dass heilkundige Menschen andere allein mit ihren Händen behandeln, hat in vielen Kulturen eine lange Tradition. Schon Hippokrates soll vor über 2.000 Jahren axiale Traktion praktiziert haben. Viele Methoden genießen heutzutage einen hohen Bekanntheitsgrad und haben unter Menschen, die etwa an Rücken- oder Nackenschmerzen leiden, etliche Anhänger.
Osteopathie
Osteopathie ist laut dem Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) eine eigenständige Form der Medizin, die dem Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen dient. Die osteopathische Diagnose und Behandlung erfolge ausschließlich mit den Händen. Der Patient werde in seiner Gesamtheit betrachtet. Die Zahl der Osteopathen in Deutschland steige seit Jahren ständig, Praxen verzeichneten großen Zulauf und eine zunehmende Nachfrage nach der ganzheitlichen Medizin, wie der VOD meldet. Seit Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes erstatteten mehr als 100 gesetzliche Krankenkassen anteilig die Kosten für Osteopathie. Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, fordert der VOD die Anerkennung und staatliche Regelung des Berufs des Osteopathen.
Wie der Verband mitteilt, hilft Osteopathie unter anderem bei unspezifischen Rückenschmerzen. Das beweise eine große Übersichtsstudie von Helge Franke, Terry Freiherr und Jan David Franke, die statistisch signifikante, klinisch relevante Erfolge aufgezeigt habe. Die Studie sei der Frage nachgegangen, wie wirksam osteopathische Behandlung bei Erwachsenen mit unspezifischem Rückenschmerz sei. Den Erfolg habe man an der Schmerzabnahme gemessen und daran, ob Patienten Alltagsverrichtungen ohne Einschränkungen ausüben konnten. Dies sei der Fall gewesen bei akuten und chronischen Rückenschmerzen im Allgemeinen, bei Rückenschmerzen von Schwangeren und von Frauen in der Zeit nach der Geburt.
In Sachen Wirksamkeit von Osteopathie verweist der Verband zudem auf eine Langzeitauswertung einer deutschen Krankenkasse für die Jahre 2012 bis 2014. Bei allen Versicherten, deren Anträge auf Bezuschussung genehmigt wurden und die osteopathisch behandelt wurden, seien die Kosten für Heil-, Hilfs- und Arzneimittel sowie für Krankenhausbehandlung gesunken, im Durchschnitt um rund 45 Prozent. Diese Zahlen sind ein Beleg für die großartige Wirkungsweise der Osteopathie. Sie bestätigen die Erfahrungen der Mitglieder und Patienten des Verbandes der Osteopathen Deutschland.
Craniosacral-Therapie
In der Osteopathie liegen laut dem Craniosacral-Verband Deutschland die Wurzeln der Craniosacral-Therapie „Craniosacrale Therapie ist eine körperorientierte, manuelle Behandlungsform, die sich in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA aus der Osteopathie entwickelt hat, so der Verband. Sie basiert auf der Arbeit mit dem craniosacralen Rhythmus, der sich im feinen Pulsieren der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit zeigt und überall am Körper tastbar ist. Die Therapeuten arbeiteten ganzheitlich und mit größter Sorgfalt mittels gezielter, achtsamer Berührungen und sanfter Bewegungen. Sie orientierten sich an der allen Menschen innewohnenden Gesundheit und an den Selbstregulierungskräften. Eine respektvolle sprachliche Begleitung der manuellen Behandlung unterstütze die Selbstwahrnehmung und könne auch emotionalen Prozessen Raum und zugleich Halt bieten.
Ein Beispiel für die Einsatzgebiete seien Nackenschmerzen. Die Wirksamkeit bei Nackenschmerzen sei durch eine Studie von Heidemarie Haller bestätigt, bei der 54 Personen mit chronischen Nackenschmerzen im wöchentlichen Rhythmus acht 45-minütige Behandlungen erhielten – die Hälfte der Gruppe bekam Craniosacrale Therapie von Physiotherapeuten, die eine Zusatz-Ausbildung in Craniosacraler Therapie und viel Erfahrung mitbrachten. Die statistischen Analysen hätten gezeigt, dass die Behandlung die Schmerzintensität signifikant und klinisch relevant gesenkt habe. Wie der Verband mitteilt, fragten Heidemarie Haller und ihre Forscherkollegen außerdem in ausführlichen Interviews nach dem persönlichen Erleben der Teilnehmenden, die diese Therapieform erhalten hatten. Längere schmerzfreie Intervalle, weniger Kopfschmerzen, weniger Schwindel, verbesserter Schlaf, hätten die Ergebnisse gelautet. Zudem hätten die Patienten aufrechtere Körperhaltung und gesteigerte Körperachtsamkeit, emotionale Lösungsprozesse, Gefühle wie Glück, Frieden und Zuversicht. Einsicht in Krankheitszusammenhänge und ein gesteigertes Selbstwirksamkeitsgefühl gezeigt. Bis zu 3 Monate nach Behandlungsende seien eine Reduktion der Schmerzintensität, der funktionalen Einschränkungen und eine Verbesserung der Lebensqualität nachweisbar gewesen.
Orthopädische manuelle Therapie
Wie die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) mitteilt, sind bei jedem 2. Patienten mit Schmerzen am Bewegungsorgan keine strukturellen Ursachen zu finden. Ihnen soll die „Manuelle Medizin“ helfen, die auch Osteopathie beinhaltet. Bisher komme das alternative Verfahren, bei denen der Arzt ausschließlich mit den Händen behandelt, vor allem bei Kreuzschmerzen zum Einsatz. Experten zufolge könnten aber weit mehr Schmerzpatienten davon profitieren. Ihnen blieben zudem aufwändige Diagnosemethoden wie etwa Röntgen- und Kernspin-Untersuchungen erspart.
Chronische Schmerzen an Muskeln und Skelett seien der häufigste Grund für Arbeitsausfälle, so die DGOU. Mithilfe spezieller Handgriffe, die sich an der Neurophysiologie des Körpers orientieren, erkennt der ausgebildete Orthopäde die eigentliche Ursache, so der Leiter der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Manuelle Medizin in der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Oft handle es sich um übertragene Schmerzen aus Fehlfunktionen der Wirbelsäule oder Blockaden des Gewebenetzes, das alle Knochen, Muskeln und inneren Organe verbindet. Diese Funktionsstörungen können manuell aufgelöst werden. Aufwändige Untersuchungen wie etwa ein Herzkatheter, eine Angiografie oder Röntgen würden in manchen Fällen dadurch unnötig. Auch Schmerz-Medikamente, Muskelrelaxantien oder Psychopharmaka können so eingespart werden.
Auslöser der Blockierungen seien häufig eine Überbelastung beim Sport oder Bewegungsmangel durch überwiegend sitzende Tätigkeit. Aber auch psychosoziale Faktoren wie Stress oder Konflikte könnten zur Schmerzquelle werden. Deswegen ist es wichtig, dass wir den Menschen als Ganzes betrachten und seine Lebenssituation in die Behandlung mit einbeziehen.
Bei jedem Dritten angewendet
Die Manuelle Medizin ist der DGOU zufolge ein fester Bestandteil in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Mehr als die Hälfte der Orthopäden und Unfallchirurgen absolvieren zudem eine Zusatzweiterbildung „Manuelle Medizin / Chirotherapie“. Niedergelassene Orthopäden wenden die Methode bei jedem 3. Patienten an. Weniger häufig findet die Manuelle Medizin derzeit noch in den anderen Fächern wie etwa der Allgemeinmedizin oder der Kinderheilkunde Anwendung.
Die nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz empfiehlt die Manuelle Medizin bereits bei nicht spezifischen, akuten als auch bei chronischen Kreuzschmerzen. Auch in den Leitlinien zur Kopf- und Brustschmerztherapie ist die manuelle Medizin verankert. Gem. den Experten wäre wünschenswert, die Manuelle Medizin und somit auch die Osteopathie in weitere
Leitlinien mit aufzunehmen, vor allem die, die Schmerzen am Bewegungsorgan betreffen. Denn zahlreiche Funktionsstörungen im Kopfbereich könnten ebenfalls manuell therapiert werden, etwa Gleichgewichtsstörungen oder Schluckstörungen.
Manuelle Therapie in der Physiotherapie
Viele Menschen kennen manuelle Therapie aus der Physiotherapie. Laut dem Verband Physio-Deutschland handelt es sich um spezielle Handgrifftechniken, die im Rahmen des Befundes dazu dienen, eine Bewegungsstörung im Bereich der Extremitätengelenke oder der Wirbelsäule zu lokalisieren und zu analysieren. Dieser Befund diene als Grundlage der therapeutischen Handgriffe, die ein Physiotherapeut als sogenannte Mobilisation durchführe. Manuelle Therapie gelte als besonders effektiv und schonend für Gelenke der Gliedmaßen, Gelenke der Wirbelsäule, Kopf- und Kiefergelenk sowie Gelenke am Brustkorb und Becken.
Die Techniken der manuellen Therapie eigneten sich sowohl zur Schmerzlinderung als auch zur Mobilisation von Bewegungseinschränkungen. Voraussetzung sei, dass die Einschränkungen durch eine reversible Funktionsstörung des Gelenks oder der diesem Gelenk zugehörigen Muskulatur hervorgerufen werden.
Rolfing
Rolfing, begründet von Dr. Ida Rolf, ist laut der European Rolfing Association (ERA) eine manuelle Körperarbeit am Bindegewebe, die das Ziel hat, durch die langfristige Verbesserung der Haltung und Bewegung des Körpers eine umfassende Steigerung des individuellen körperlichen sowie geistigen Wohlbefindens zu schaffen. Die Technik basiert laut ERA auf der zielgerichteten Mobilisierung des Fasziennetzes.
Faszien sind der Bestandteil des Bindegewebes, der die Strukturen des menschlichen Körpers als Ganzes zusammenhält und für Stabilität und Spannung sorgt.
Es handelt sich primär um eine Präventivmethode, die durch Zug- und Druckbewegungen am Fasziennetz die Körperstruktur optimiert und belastenden Fehlhaltungen vorbeugt, so die ERA. Zusätzlich könnten die Effekte der Technik die Linderung bestehender Beschwerden, beispielsweise durch chronische Gelenkerkrankungen, fördern. Rolfing ist der ERA zufolge auch eine Bewegungsschulung, die zu einem besseren Körperverständnis, einer dauerhaft aufrechten Haltung sowie einer leichteren, anmutigeren Bewegung beiträgt. Die Bezeichnung Rolfing, eine geschützte Marke, dürfe ausschließlich von fundiert ausgebildeten und durch die European Rolfing Association e.V. zertifizierten Anwendern geführt werden. Für die Ausbildung zum Rolfer gebe es keine formellen Voraussetzungen wie eine vorherige Ausbildung als Arzt oder Heilpraktiker.
Chiropraktik
Eine bekannte Methode ist auch die Chiropraktik. Die Deutsche Chiropraktoren-Gesellschaft versteht darunter, mechanische Probleme an Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern sowie die Auswirkungen, die diese Probleme auf die Funktion des Nervensystems haben können, zu diagnostizieren und zu behandeln. Laut dem Verein können alle Gelenke des Körpers chiropraktisch behandelt werden, doch der Schwerpunkt liege auf den Gelenken der Wirbelsäule.
Hätten Gelenke ihre normale Beweglichkeit verloren (seien also blockiert oder hypomobil), so könnten Chiropraktoren durch gezielte Impulse helfen, die normale Beweglichkeit wiederherzustellen. Dadurch könne in vielen Fällen die Funktion von benachbartem Nervengewebe optimiert und so die natürlichen Selbstheilungskräfte des Körpers gefördert werden. Zudem könne ein Chiropraktor mit neuromuskulären und anderen Behandlungstechniken Verspannungen an Muskeln, Sehnen und Bändern behandeln. Auch bei der Prävention mechanisch bedingter Gesundheitsprobleme komme sowohl durch die Behandlung als auch durch eine entsprechende Beratung der Chiropraktik eine große Rolle zu.
Ortho-Bionomy
Die Ortho-Bionomy kennt womöglich nicht jeder. Die Methode hat ihre Wurzeln in der Osteopathie und wurde von dem Osteopathen Arthur Lincoln Pauls (1929-1997) entwickelt. Laut der Society of Ortho-Bionomy International handelt es sich um eine nichtinvasive Heilungsmethode, die den Körper durch sanfte Stimulation an seine Fähigkeit erinnern soll, verlorene Balance selbst wiederherstellen zu können. Eine Sitzung dauere üblicherweise eine Stunde lang. Wer sich eine Vorstellung davon machen möchte, wie Ortho-Bionomy in der Anwendung aussieht, kann dies anhand des Videos, das die Society of Ortho-Bionomy auf der Plattform YouTube unter https://goo.gl/8JwHtg zeigt, tun.
Im deutschsprachigen Raum kann man Näheres zu der Methode beim Institut für Ortho-Bionomy erfahren, das auch die Kontaktdaten von Therapeuten im ganzen Bundesgebiet anbietet.
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