Die Lebensversicherer müssen sich vom Bundesgerichtshof erneut sagen lassen, dass sie ihren Kunden zu wenig Geld ausgezahlt haben. Denn Kunden, die ihre Lebensversicherung bis Ende 2007 abgeschlossen und dann vorzeitig gekündigt haben, müssen wenigstens die Hälfte des Guthabens zurückbekommen, entschied der BGH heute. Damit knüpft das Gericht an seine früheren Urteile an.
Die Hälfte für den Kunden
Die Praxis der Lebensversicherer, von den Beiträgen der Kunden zunächst die Abschlussprovisionen für den Vermittler abzuziehen, so dass erst einmal gar nichts angespart wird, bewerteten die Richter – wie schon in früheren Urteilen – als „unangemessene Benachteiligung“ der Kunden. Sie haben demnach Anspruch auf einen „Mindestbetrag“ von der Hälfte des vorhandenen Kapitals. Der Versicherer darf also nicht mehr bloß einen oft weit geringeren Betrag auszahlen, der nach Abzug der Abschlusskosten übrig geblieben ist.
Schnell handeln, Frist wahren
Betroffene Kunden müssen jedoch die Verjährungsfrist beachten: Ansprüche aus einer Lebensversicherung verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt am 1. Januar des auf die Vertragskündigung folgenden Jahres. Ansprüche aus Verträgen, die 2009 oder früher gekündigt wurden, sind somit verjährt. Die Frist wird jedoch unterbrochen durch eine Beschwerde beim Versicherungsombudsmann.
Beitragsfreie Verträge auch betroffen
Auch die Kunden, die keine Beiträge mehr zahlen, ihren Vertrag aber beitragsfrei weiterlaufen lassen, können am Ende der Vertragslaufzeit mehr Geld erwarten. Denn auch der Wert einer beitragsfrei gestellten Versicherung ist oft gering, weil der Versicherer die Kosten bereits vollständig von den ersten Beiträgen abgezogen hat. Anders als bei gekündigten Verträgen verjähren diese Ansprüche nicht.
Verbraucherfreundliche Rechtsprechung
Mit seinem Urteil setzt der BGH seine verbraucherfreundliche Rechtsprechung für Lebensversicherungskunden fort. Bereits 2001 und 2005 hatte das Gericht entschieden, dass damals verwendete Klauseln zu den Rückkaufswerten unwirksam waren (Az. IV ZR 121/00 und 138/99 sowie Az. IV ZR 162/03 und 177/03). Danach sorgten viele Versicherer allerdings nicht für Kundenfreundlichkeit und Transparenz. Sie modifizierten die Klauseln nur leicht, so dass ihnen der BGH im Jahr 2012 (Az. IV ZR 201/10) und nun erneut in die Parade fahren musste.
Abschlusskosten auf fünf Jahre verteilen
Der BGH wies in seinem heutigen Urteil auch darauf hin, dass für ab 2008 geschlossene Verträge die Bestimmungen des seitdem geltenden neuen Versicherungsvertragsgesetzes maßgebend sind. Demnach dürfen die Lebensversicherer die Abschlusskosten nicht einfach von den ersten Beiträgen abziehen, sondern müssen sie gleichmäßig über die ersten fünf Vertragsjahre verteilen. Kunden, die ihre ab 2008 geschlossene Police schon noch kurzer Zeit kündigen, müssen aber auch dann mit Verlusten rechnen.
Bundesgerichtshof: Urteil vom 11.09.2013
Aktenzeichen: IV ZR 17/13
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