Mehrere Lebensversicherer haben offenbar Schwierigkeiten, die Zusagen zu erfüllen, die sie ihren Kunden bei Vertragsbeginn gegeben haben. Niedrige Zinsen machen es ihnen schwer, das Geld dafür zu erwirtschaften. Deshalb haben einige Unternehmen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragt, dass sie für ihre Kunden zeitweise weniger vom Gewinn zurücklegen müssen als vorgeschrieben.
Lebensversicherer im Zinstief
Laut „Süddeutscher Zeitung“ haben mehr als zehn Gesellschaften einen solchen Antrag gestellt. Eine Bafin-Sprecherin wollte diese Zahl weder bestätigen noch dementieren. „Zu Zahlen äußern wir uns nicht“, sagte sie. Es sei rechtlich möglich, dass Versicherer zeitweise ihre Rückstellungen für die Kunden verringern. Dies sei „in Niedrigzinsphasen nicht so außergewöhnlich“. Die Versicherer haben angesichts der niedrigen Zinsen Problemen, die Garantien zu erwirtschaften, die sie den Kunden bei Vertragsabschluss vor Jahren gegeben haben.
Für die üppigen Garantien fehlt jetzt das Geld
Kunden, die zwischen Juni 1995 und Juni 2000 einen Vertrag geschlossen haben, haben Anspruch auf eine garantierte Verzinsung ihrer Sparbeiträge in Höhe von vier Prozent. Dies ist auch ein Grund für die gesunkene Verzinsung bei Neuverträgen. Um das Geld für die alten Garantien zu erwirtschaften, müssen die Versicherer bei neu abgeschlossenen Verträgen die Verzinsung drücken. So liegt der Garantiezins für ab 2012 geschlossene Verträge nur noch bei 1,75 Prozent. Für die hohen Garantien der alten Verträge fehlt es jetzt an Geld. So haben die Versicherer einen hohen Anteil von Staatsanleihen in ihren Kapitalanlagen. Dafür gibt es derzeit kaum Zinsen. Von ihren Überschüssen wollen einige Versicherer deshalb jetzt weniger für ihre Kunden reservieren – dies gilt für alle drei Überschussquellen.
Dreierlei Überschüsse
Die Versicherer müssen ihre Kunden an ihren Überschüssen beteiligen. Diese Überschussanteile fließen aus drei Quellen:
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- Vom Beitrag des Kunden zieht der Versicherer Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten ab. Übrig bleibt der Sparanteil, er fließt in die Kapitalanlage. Auf diesen Sparanteil erhält der Kunde den bei Vertragsbeginn garantierten Zins. Erwirtschaften die Kapitalmanager eines Versicherers mit dem Sparbeitrag aber mehr als den Garantiezins, machen sie Zinsüberschüsse. Davon müssen sie mindestens 90 Prozent an ihre Kunden weiterreichen.
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- Aus der Kalkulation des „Sterblichkeitsrisikos“ der Kunden ergibt sich ein Risikoüberschuss: Bei Kapitallebensversicherungen gibt es einen Risikoüberschuss, wenn weniger Kunden vor Vertragsende sterben, als vom Versicherer kalkuliert. Bei Rentenversicherungen entsteht so ein Überschuss, wenn die Kunden früher sterben als kalkuliert. Den Kunden stehen 75 Prozent der Risikoüberschüsse zu.
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- Wenn die Verwaltungskosten durch ein effektives Kostenmanagement niedriger sind als kalkuliert, entsteht ein Kostenüberschuss. Davon bekommen die Kunden 50 Prozent.
Beteiligung an Bewertungsreserven bleibt unangetastet
Diese Überschussanteile der Kunden möchten einige Versicherer jetzt reduzieren. Dies ist rechtlich „mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in Ausnahmefällen“ möglich. Nicht reduziert wird die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven. Ein Versuch der Versicherer, diese Beteiligung zu kippen, war Anfang des Jahres gescheitet. Bewertungsreserven entstehen, wenn der Marktwert einer Kapitalanlage des Versicherers über dem Anschaffungspreis liegt, wenn also zum Beispiel der Wert seiner Immobilien, Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen gestiegen ist. Die Versicherer müssen ihre Kunden seit 2008 zu 50 Prozent an den Reserven beteiligen. Von dieser Regelung gibt es keine Ausnahme.
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