Patientenverfügung – selbst entscheiden – ein Ratgeber

Sollen wir Ihre Mutter noch einmal ins Krankenhaus einliefern? Soll Ihr Vater per Magensonde ernährt werden? Viele Angehörige müssen solche Fragen beantworten, wenn beispielsweise am Lebensende der Eltern unklar ist, ob Ärzte bestimmte medizinische Maßnahmen ergreifen sollen oder nicht. Dann ist es von unschätzbarem Wert, den tatsächlichen Willen des Patienten zu kennen – um in dessen Sinne zu entscheiden, wenn dieser sich nicht mehr dazu äußern kann.

Eine Patientenverfügung bildet dafür eine gute Grundlage. Sie dokumentiert, wie viel ärztliche Hilfe jemand noch will – am Lebensende oder bei extremer Beeinträchtigung. Die Mediziner müssen sich an diese Vorgaben halten, ansonsten machen sie sich strafbar.

Man sollte sich also gut überlegen, was man verfügt. Leider ist das längst nicht immer der Fall: Oft hat man den Eindruck, der Verfasser hat nicht verstanden, in welchem Ausmaß er medizinische Behandlungen ablehnt, etwa nach einem großen Schlaganfall künstlich beatmet zu werden. Ist dem Betroffenen wirklich klar, dass man manchmal wochenlang beatmet werden muss, weil das Gehirn Zeit braucht, um sich zu erholen? Das ist eine Chance, die ohne eine solche medizinische Maßnahme nicht besteht.

Orientierungshilfe engt den „Spielraum“ ein
Keine Wiederbelebung, keine Beatmung, keine Einweisung ins Krankenhaus. Damit wollen sich viele Menschen unnötiges Leid und Siechtum am Lebensende ersparen. Doch zu realisieren sind solche Vorgaben nur, wenn klar wird, für welche Situationen sie gelten sollen. „Wenn ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde“, lautet hier eine häufig benutzte Formulierung aus dem Musterdokument des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz.

Einen Verweis auf dieses und weitere Angebote, die bei der Erstellung einer Patientenverfügung helfen, finden Sie nachfolgend. Experten empfehlen, sich an solchen Musterdokumenten mit vorformulierten Textbausteinen zu orientieren. Sie erfüllen die gesetzliche Anforderung, um für bestimmte Situationen konkrete Maßnahmen festzulegen oder abzulehnen.

Doch längst nicht alles lässt sich auf diese Weise regeln. Die Juristen sagen, man muss alles genau festlegen. Doch so exakt, wie die Ärzte das brauchen, geht das nicht. Oft bleibt also Spielraum für Entscheidungen. Denn nicht jede mögliche Situation lässt sich erfassen.

Experten halten es daher für sinnvoll, zusätzlich Werte, Wünsche, Ängste und Erwartungen mit eigenen Worten zu formulieren. Ist es für Sie zum Beispiel essenziell wichtig, unabhängig zu bleiben? Wollen Sie – wenn möglich – zu Hause sterben oder lieber möglichst lange am Leben gehalten werden? Solche generellen Aspekte geben Ärzten und Angehörigen eine gute Orientierungshilfe.

Einen Vertreter für die eigenen Wünsche wählen
Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, eine Patientenverfügung setze sich von selbst durch. Für die Juristen ist eine Vorsorgevollmacht noch viel wichtiger als eine Patientenverfügung.

In der Vorsorgevollmacht bestimmt man eine oder mehrere Vertrauenspersonen, die für einen entscheiden, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Je nach Wunsch kann das nur gesundheitliche Belange umfassen oder sich auch auf weitere Lebensbereiche erstrecken, etwa das Regeln der Finanzen. In einer Vollmacht lässt sich außerdem festlegen, wen das Gericht zum rechtlichen Betreuer bestellen soll, falls die Vollmacht nicht ausreicht.

Oft wird ein naher Angehöriger zur Vertrauensperson gewählt. Der Ehepartner ist nicht immer am besten geeignet. Manchmal tritt der Sohn, die Tochter, ein Neffe oder eine Nichte im Ernstfall robuster auf. Wer mehrere Personen gleichberechtigt bevollmächtigt, erhöht die Chance, dass sofort jemand zur Stelle ist, wenn eine medizinische Entscheidung ansteht.

Eine schwere Krankheit verändert oft vieles
Wichtig: Es genügt nicht, wenn Bevollmächtigte einfach nur die Dokumente in den Händen haben. Das darin Formulierte ist für Laien teilweise missverständlich. Es ist extrem wichtig, dass vorher Gespräche zwischen dem Vollmachtgeber und der Vertrauensperson stattgefunden haben. Idealerweise erarbeitet man die Verfügung gemeinsam und verständigt sich dabei über den Inhalt.

Der Verfasser muss die Patientenverfügung eigenhändig unterschreiben. Damit ist sie gültig – viele Jahre lang. Was aber auch wieder zu Problemen führen kann, wenn sich im Laufe der Zeit doch mal die Wünsche ändern. Wird das Dokument nicht aktualisiert, muss sich die Vertrauensperson mit der alten Formulierung herumschlagen. Ihr bleibt die schwierige Aufgabe, die Ärzte davon zu überzeugen, dass der Vollmachtgeber nun etwas anderes will. Daher raten Experten, Verfügungen alle paar Jahre zu überprüfen und sie – falls nötig – anzupassen.

Oft verändert sich die eigene Einstellung etwa durch eine schwere Erkrankung wie Krebs, Demenz oder ein Nervenleiden. Bei Patienten, die an der seltenen amyotropher Lateralsklerose erkrankt sind, sterben allmählich Nerven für Muskelbewegungen ab. Betroffene müssen irgendwann künstlich ernährt und beatmet werden, um am Leben zu bleiben. Maßnahmen, die etliche bei der Diagnose zunächst ablehnen. Viele finden das dann aber später doch nicht so unerträglich, wie sie anfangs dachten, und wollen dann doch, dass Ärzte diese invasiven Maßnahmen bei ihnen durchführen.

Verfügungen haben aber generell ihre Grenzen. Niemand kann sich für alle Eventualitäten festlegen. Man darf nicht glauben, mit einer guten Verfügung auch zu 100% abgesichert zu sein. Doch das Dokument bietet die beste Grundlage dafür, dass Ärzte dann die medizinischen Maßnahmen ergreifen, die gewünscht sind.

Hilfsangebote

Praktische Tipps – Hier können Sie sich Unterstützung beim Erstellen Ihrer Verfügung und Vollmacht holen:

Wo gibt es weitere Infos?

Musterdokumente mit juristisch geprüften Formulierungen zum Auswählen und Ankreuzen. Folgende Quellen im Internet bieten Muster samt Erläuterungen:

Bayerische Staatsregierung

  • www.bestellen.bayern.de
  • Suchbegriff „Patientenverfügung“

Deutsche Bischofskonferenz

  • www.dbk.de/themen/christliche-patientenvorsorge
  • die Dokumente wurden von der katholischen und evangelischen Kirche gemeinsam erarbeitet

Verbraucherzentrale

  • www.verbraucherzentrale.de
  • die Verbraucherzentrale gibt auch das Buch ‚Patientenverfügung‘ heraus
  • Bestell-Telefon: 0211-38 09 555, Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr

Bundesjustizministerium

  • www.bmjv.de
  • Suchbegriff „Vorsorge“

Das Saarland hat eine Patientenverfügung in leichter Sprache erarbeitet. Das Angebot richtet sich an Menschen, denen es schwerfällt, Texte zu verstehen. Man findet das Dokument online unter dem Suchbegriff: „Patientenverfuegung_LS_END.pdf“

Wer hilft mir weiter?
Fachleute können beim Erstellen einer Patientenverfügung helfen. Oft lohnt sich die Unterstützung – auch wenn sie Geld kostet. Es gibt mehrere Möglichkeiten:

Einige Hausärzte helfen beim Erarbeiten einer Verfügung. Doch das ist keine Kassenleistung. Patienten müssen die Kosten selbst tragen. Eine gründliche Beratung kann gut eine Stunde dauern.

Manche Pflegedienste und ambulante Hospizdienste bieten Beratungen an.

Es gibt auch Online-Anbieter, die sich auf das Verfassen von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten spezialisiert haben. Die Dienste kosten oft zwischen 25 und 40 Euro.

Auch Fachanwälte und Notare helfen weiter. Die Kosten richten sich nach dem Aufwand und dem eigenen Vermögen. Die notarielle Beglaubigung bezeugt, dass der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist.

Im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer kann jeder seine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht eintragen. Krankenhäuser und Gerichte können diese Information bei Bedarf unter „www.vorsorgeregister.de“ abrufen.

 

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Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Wolle Rüttert aus Rostock in Mecklenburg-Vorpommern (MV).
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