Arbeiten zu Hause – Flexibilität im Job
Flexible Arbeitszeiten, die mit dem Familienleben besser vereinbar sind, soll das Homeoffice bescheren. Dabei sind einige Herausforderungen zu meistern.
MOBILE TECHNOLOGIEN erlauben es heute, nahezu an jedem Ort zu arbeiten, sie fordern von Arbeitgebern geradezu flexible Arbeitszeitmodelle heraus. Fast jeder zweite Berufstätige arbeitet schon heute hin und wieder von zu Hause aus, ein Drittel sogar täglich oder mehrmals in der Woche. Dies ergab eine Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) unter Arbeitnehmern. Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass es klarer Regelungen bedarf, damit Arbeitnehmer wie Arbeitgeber vom Homeoffice wirklich profitieren.
Erwartungen an das Arbeiten zu Hause
Vor allem junge Mütter hoffen, durch das Homeoffice Berufs- und Familienleben besser in Einklang bringen zu können. Männer hingegen sehen den Gewinn in der Regel eher in einer ruhigeren Arbeitsatmosphäre und im Wegfall der Arbeitswege. Laut Bitkom-Umfrage mündet die ruhige Arbeitsatmosphäre jedoch für fast die Hälfte der Arbeitnehmer in sozialer Isolation, und die „Familienverträglichkeit“ erlebten 55 Prozent als unerträgliche Vermischung von Beruf und Freizeit. Oft fällt es schwer, die Grenze zu ziehen, wenn die Arbeit in der Wohnung wartet. Flexibles Arbeiten verlangt ein hohes Maß an Selbstorganisation und Disziplin. Jeder sollte sich genau überlegen, ob er das kann und will. Viele „Heimarbeiter“ meinen zudem, die Abwesenheit aus dem Unternehmen mit Dauerbereitschaft kompensieren zu müssen. Wenn sich Beschäftigte im ständigen Stand-by-Modus befinden, kann das zu unerträglichen Belastungen führen.
Fachanwälte für Arbeitsrecht raten daher, mögliche Unklarheiten mit dem Arbeitgeber vorab zu besprechen. Das Problem: Bislang gibt es nur eine Rahmenvereinbarung der EU zur Telearbeit aus dem Jahr 2002. In Deutschland fehlt eine gesetzliche Regelung. Zwar gilt für fest angestellte Arbeitnehmer grundsätzlich das Arbeits- und Sozialrecht – völlig unabhängig davon, wo sie arbeiten. Die Gesetze decken jedoch die spezifische Arbeitssituation im Homeoffice – besonders die unten genannten Punkte – nur ungenügend ab. Auch Branchen- oder Firmentarifverträge beziehungsweise Betriebsvereinbarungen zu Homeoffice gibt es nur vereinzelt. Grundsätzlich gilt: Die (teilweise) Verlagerung des Arbeitsplatzes nach Hause beruht auf Freiwilligkeit. Wollen beide Seiten den Arbeitsplatz komplett oder zeitweise verlagern, sind folgende Punkte zu klären und in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag festzuhalten:
Arbeitszeit: Auch im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz. Es regelt, wie lange maximal ohne Unterbrechung gearbeitet werden darf und wie lang die Pausen sein müssen. Der Arbeitgeber muss die Einhaltung dieser Vorschriften gewährleisten. Mitarbeiter können daher verpflichtet werden, ihre Arbeitszeiten im Homeoffice zu dokumentieren. Oder es kann der technische Zugriff auf das Firmennetzwerk für bestimmte Zeiten gesperrt werden, zum Beispiel um Nachtarbeit zu verhindern. Zuschläge, etwa für Sonntagsarbeit, gibt es nur, wenn diese gesondert vereinbart wurden. Um verlässliche Erreichbarkeit mit flexiblen Arbeitszeiten zu kombinieren, empfiehlt beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) festzulegen, wann der Mitarbeiter erreichbar sein muss, in welchen Abständen er Informationen abruft und in welchem Zeitraum E-Mails beantwortet werden. Solche Absprachen erleichtern den kollegialen Austausch. Zugleich ebnen sie den Weg, klare Arbeitszeiten einzuhalten und damit Freizeit zu haben.
Arbeitsmittel: Grundsätzlich müssen Arbeitgeber alle Arbeitsmittel – von Möbeln bis zum Bleistift – zur Verfügung stellen. In der Praxis finden sich allerdings viele „Mischformen“, gerade wenn das Homeoffice nur wenige Tage in der Woche genutzt wird. Werden Arbeitsmittel gestellt, ist eventuell deren private Nutzung oder Überlassung an Dritte vertraglich zu regeln. Besprochen werden muss auch die Übernahme von Versicherung, Pflege und Wartung technischer Geräte. Bei der dienstlichen Nutzung von Privaträumen ist zum Beispiel die Kostenerstattung von Miete, Strom und Heizkosten zu klären. Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für ein Homeoffice nicht, obwohl dieses nachweislich in seinem Interesse liegt, kann der Arbeitnehmer alle Aufwendungen in vollem Umfang als Werbungskosten geltend machen. So ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Az.: 4 K1270/09).
In der Praxis verwenden fast drei Viertel der Arbeitnehmer im Homeoffice ihr privates Notebook oder Smartphone. Das mag praktisch scheinen, führt aber zu sicherheitstechnischen und rechtlichen Problemen, vor allem beim Datenschutz.
Lagern Firmendaten auf einem privaten Notebook, sind sie von Seiten der Firma kaum vor dem Zugriff Dritter zu sichern. Die Pflicht, Daten zu schützen und deren Sicherheit zu gewährleisten, liegt aber beim Arbeitgeber. Im Gegenzug ist der Arbeitnehmer verpflichtet, betriebliche Daten vertraulich zu behandeln.
Wie im Betrieb haften Arbeitnehmer auch im Homeoffice nur eingeschränkt. Verursacht der Arbeitnehmer hier leicht fahrlässig einen Schaden am Eigentum der Firma, kommt dafür der Arbeitgeber auf. Bei grob fahrlässig herbeigeführten Schäden kann der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter unter Umständen in Regress nehmen. Dann kann es für den Arbeitnehmer teuer werden, denn die private Haftpflichtversicherung kommt nicht für Schäden auf, die sich in der beruflichen Sphäre ereignen. Es gibt für solche Fälle auch keine andere Versicherung. Eine private Haftpflichtversicherung deckt jedoch Schäden ab, die Familienmitglieder im Homeoffice anrichten, auch am Eigentum der Firma.
Sozialversicherung: Auch im Homeoffice sind Arbeitnehmer in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Besonderheiten in Sachen Unfall: Der Arbeitsweg, im Fall des Homeoffice vom Bett zum Schreibtisch, ist nicht versichert, dafür andere „Betriebswege“ in der Wohnung, etwa vom Homeoffice in einen Kellerraum, in dem dienstliche Akten gelagert werden. Werden die Unfallverhütungsvorschriften im Homeoffice nicht eingehalten, erhält der Versicherte im Falle eines Unfalls trotzdem die Leistung – sein Arbeitgeber aber eventuell Auflagen.
Arbeitsplatz: Auch ein Homeoffice muss Vorschriften genügen, zum Beispiel der Arbeitsstätten- und Bildschirmarbeitsverordnung in Sachen Beleuchtung, Belüftung und Ergonomie. Übrigens: Generell haben weder Betriebsrat noch Arbeitgeber ein Zutrittsrecht zum Homeoffice. Vertraglich kann jedoch ein Zutrittsrecht mit vorheriger Anmeldung vereinbart werden, um etwa die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen.
Sind alle Punkte geklärt, kann das Homeoffice seine Vorteile voll ausspielen: höhere Flexibilität und Produktivität sowie Kostenersparnisse für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
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