Spielen Tiere Theater? – Die Frage des Tages

Spielen Tiere Theater?

Der Soziologe Erving Goffman (1922 bis 1982) hat ein berühmtes Buch mit dem Titel „Wir alle spielen Theater“ geschrieben. Darin hat er deutlich gemacht, dass Menschen auch in Alltagssituationen Selbstdarsteller sind. Das heißt, sie versuchen, ein bestimmtes Bild von sich zu vermitteln und schlüpfen in Rollen. Sind auch Tiere in der Lage, ein Bild von sich zu vermitteln? Oder anders formuliert: Können auch sie Theater spielen?

Antwort: Wissenschaftler haben im Laufe der Jahre viele Beispiele dafür zusammengetragen, dass Tiere die Fähigkeit besitzen, etwas vorzutäuschen beziehungsweise gezielt andere in die Irre zu führen. Einen weiteren Beleg dafür liefert eine Studie, die die Evolutionsbiologin Patricia C. Lopes von der Universität Zürich in einer Ausgabe des Fachjournals „Proceedings B“ der britischen Royal Society veröffentlicht hat. Darin zeigt sie, dass Tiere in bestimmten Situationen verbergen, dass sie krank sind. Wenn sie Gelegenheit haben, sich fortzupflanzen, ihre Jungen oder Feinde in der Nähe sind, täuschen kranke Tiere Gesundheit vor. Beispiele hierfür haben Forscher unter anderem bei Vögeln, Mäusen, Hausschweinen und Affen gefunden. Patricia C. Lopes hat entsprechende Studien ausgewertet und das Phänomen zudem in einer eigenen Studie mit kranken Zebrafinken beobachtet. Normalerweise verhalten sich kranke Tiere deutlich anders. Sie essen und trinken weniger, verringern ihre Aktivität und schlafen mehr.

Die Fähigkeit, andere zu täuschen, kann wichtig sein, um zu überleben oder den eigenen Nachwuchs zu schützen. So ist von Vögeln bekannt, dass sie Verletzungen vortäuschen, um Räuber vom Nest wegzulocken. Ein Opossum täuscht Raubtiere, von denen es gefressen werden könnte, indem es sich tot stellt. Dass das Täuschen auch bei der Partnerwahl von Vorteil sein kann, hat vor einigen Jahren eine Forschergruppe um den Biologen Martin Plath am Beispiel von Fischen gezeigt. Männliche Zahnkärpflinge täuschen Interesse an einem bestimmten Weibchen vor, um sich am Ende ein ganz anderes – nämlich eines, das viele Nachkommen garantiert – zu sichern.

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Gerd Schlosser aus Ermke in Niedersachsen.
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