Die Top 3-Fragen
Moderator: So, es ist jetzt 13 Uhr. Hier im Chat begrüße ich Elke Gehrke, Martin Gobbin und Jürgen Nadler. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und die Fragen unserer Chatterinnen und Chatter beantworten. Gleich die erste Frage an unsere Gäste: Wie sieht es aus, wollen wir starten?
Jürgen Nadler: Ja, gerne.
Moderator: Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Hier die TOP-1-Frage aus dem Pre-Chat:
Kätzchen: Testvorschlag: Mein Flachbild-TV-Gerät zickte nach Neukauf genau nach zwei Jahren herum. Der Ton funktioniert nun nicht mehr richtig. Könnten Sie zum Beispiel in einem Fernseher-Test eine 3-jährige Laufzeit simulieren, um zu prüfen, welches Gerät dann noch voll funktionstüchtig ist? Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Nadler: Wir würden gern die Langlebigkeit von Fernsehgeräten prüfen, aber bei dreijähriger Nutzung 4 Std. täglich (typischer Wert) sind das ca. 7.400 Std. und selbst wenn wir die Geräte 24 Std. am Tag laufen lassen würden (unrealistischer Betrieb), würde der Test ein halbes Jahr dauern. Geräte sind nur ein Jahr am Markt und die Ergebnisse dann nicht mehr wirklich nutzbar. Aus Leserbefragungen ist uns aber auch nicht bekannt, dass Fernseher besonders häufig nach kurzer Zeit ausfallen.
Moderator: … und hier die Top-2-Frage:
RalphSt: Sparen Hersteller bei Systemtests? Im Test-Artikel von 09/2013 auf Seite 61 ist ein interessantes Statement: „…um die Nutzung eines Fernsehers von sieben Jahren zu simulieren, müsste das Gerät rund anderthalb Jahre im Labor laufen …“ Meine beruflichen Erfahrungen mit elektrischen Systemen bestätigen dies. Hersteller, die jedes Jahr ein neues Update auf den Markt bringen, müssen den Burn-In, zumindest teilweise, aus dem Labor zum Kunden verlagern. Sind Ihnen Beispiele bekannt?
Jürgen Nadler: Mir sind keine Beispiele bekannt, dass Hersteller so verfahren.
Moderator: … und die Top-3-Frage:
RalphSt: Ich benutze als Privat-Handy seit 2000 das Nokia 6150. Damit sehe ich zwar aus wie ein Typ aus einer anderen Epoche, aber der Akku hält nach dem Laden immer noch 2 Tage, bei durchschnittlichem Gesprächsaufkommen. In der gleichen Zeit habe ich, dienstlich zuerst 2 Blackberries und dann 2 Smartphones „verbraucht“, dabei benutze ich mein Dienst-Smartphone auch nur zum Sprechen. Gut, Smartphones sind wesentlich komplexer, aber sollten sich Langlebigkeit/Zuverlässigkeit nicht auch weiterentwickeln?
Jürgen Nadler: Es ist tatsächlich richtig, dass Smartphones deutlich mehr Strom verbrauchen als die einfachen Handys und ihr Akku deshalb wesentlich schneller leer ist. Gerade darum ist es ärgerlich, dass bei immer mehr Smartphones die Akkus fest eingebaut sind. Ein Wechsel unterwegs ist damit nicht möglich, wenn der Akku leer ist. Wenn die Kapazität des Akkus nach einigen Jahren nachlässt oder er kaputt geht, kann der Verbraucher ihn selber nicht wechseln. Hohe Reparaturkosten führen dann oft zum Neukauf – das ist ärgerlich und macht Elektronikschrott.
Martin Gobbin: Das ist auch für die Umwelt problematisch, denn so werden unnötig Ressourcen verschwendet und in Entwicklungsländern türmen sich die Elektroschrottberge mit teilweise giftigen Bestandteilen.
Gibt es geplante Obsoleszenz wirklich?
DD: Frage: Wenn ein Hersteller bei der Produktion Bauteile als „Sollbruchstelle“ verwendet, bei denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, dass sie auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kurz nach der Garantiezeit ausfallen, dem Käufer aber suggeriert, es handele sich um ein Premium High End Gerät, ist das nicht Täuschung oder gar Betrug?
Elke Gehrke: Ihr Ausgangspunkt ist, dass Sie von einer „Sollbruchstelle“ ausgehen, was wir in unseren Tests jedoch nicht bestätigen konnten.
Fuerst: Mein OfficeJet 6500 von HP druckte nach 2 Jahren und 3 Monaten (also kurz nach Garantieende) kein Schwarz mehr. Diverse Reparaturversuche (neue Tintenpatronen eingesetzt, automatische Reinigung etc.) erfolglos. Info Support: Reparieren lassen ist nicht sinnvoll bei einem Gerät, das neu rund 100 Euro gekostet hat. Meine Recherche im Internet ergab: es gibt einen Reset auf Werkseinstellungen (steht natürlich nicht im Handbuch). Danach druckte er wieder bis heute. Zufall? Wohl eher so programmiert.
Jürgen Nadler: Wenn sich das Problem durch einen Reset lösen ließ, wirkt es auf mich weniger wie geplante Obsoleszenz, denn ein Reset ist im Computerbereich ja nichts Unübliches. Es zeigt mir vielmehr, dass die Beratung in der Hotline – was wir schon sehr oft in Tests feststellen mussten – schlecht berät und keine Hilfestellung bietet. Am besten wäre es gewesen, das hätte gleich in der Anleitung gestanden, die oft auch lieblos zusammengestellt werden.
Katja: Sie schreiben, dass Bosch unterschiedliche Nutzungskategorien verwendet. Machen das bei Gartengeräten auch andere Hersteller?
Elke Gehrke: Auch bei anderen Herstellern gibt es unterschiedliche Nutzungskategorien, leider ist es dort meist nicht so einfach zu erkennen. Man kann sich dort eher am Preis orientieren.
Wenn der Drucker streikt
Moderator: Hier eine aktuelle Frage:
ibabutzemann: Stimmt es, dass in Druckern grundsätzlich ein Chip eingebaut ist, der das Gerät nach einer bestimmten Laufzeit funktionsunfähig macht?
Jürgen Nadler: Uns sind Einzelfälle von Verbrauchern bekannt, in denen von solchen Chips berichtet wurde. Bei unseren Tests von Fremdtinten drucken wir mit den dafür genutzten Tintenstrahldruckern viele tausend Seiten und hatten bisher noch keine „Druckverweigerer“. Kurz, wir haben keine Auswirkungen von solchen Chips entdecken können.
Flori: Mein Epson-Drucker nimmt keine Tinte von Fremdherstellern an. Ist das rechtens?
Jürgen Nadler: Druckerhersteller verdienen das meiste Geld mit dem Verkauf ihrer Tinten. Es scheint damit nicht unplausibel, dass die Hersteller sich bemühen, nur ihre eigenen Tinten und Patronen nutzbar zu machen. Erfreulicherweise sind die Fremdhersteller aber sehr findig und es gelingt ihnen fast immer, den Schutz zu knacken und unsere Tests belegen, dass es für fast jeden Drucker mit ausreichender Marktbedeutung auch funktionierende Fremdtinten gibt. Leider benötigen die Fremdhersteller immer wieder einige Monate, bis sie den Schutz geknackt haben.
Haltbarkeit von Produkten
Möönchen: Wie kann ich als Laie feststellen, ob es sich wirklich um Obsoleszenz oder nur einen dummen Zufall handelt? Kann ich es als Laie überhaupt feststellen?
Elke Gehrke: Obsoleszenz beinhaltet, dass es einen absichtlichen Verschleiß gibt, der nicht mit einer normalen Abnutzung zusammenhängt. Aus unseren Tests kann man dies nicht bestätigen. Von daher gehen wir davon aus, dass es auch einem Laien schwerfallen würde, eine solche Obsoleszenz zu erkennen und zu beweisen.
Moderator: …und noch eine aktuelle Frage:
ooo: Ist es wirklich so, dass billige Geräte im Vergleich zu teuren schneller kaputt gehen – also nicht mal die normalen zwei Jahre überstehen?
Elke Gehrke: In unseren Tests zeigt sich immer wieder, dass die Haltbarkeit von teuren Produkten höher ist als von sehr billigen Produkten, wobei auch immer Ausnahmen in jede Richtung vorkommen: Teure Geräte können auch frühzeitig ausfallen, während billige Produkte manchmal erstaunlich lange leben. Die Chancen bei einem höherpreisigen Gerät auf lange Lebensdauer sind besser.
Langzeittests
Moderator: …und noch eine aktuelle Frage:
Endverbraucher: Wäre es nicht sinnvoll, wenn test.de eine neue Langzeitüberwachung der getesteten Produkte mithilfe der Verbraucher, die die Produkte kaufen, startet? Insofern, dass man auf der Homepage für jedes der ab diesem Zeitpunkt gekauften Produkte einen Thread aufmacht, in dem die Käufer ihre Erfahrung mit den Produkten und auch insbesondere die Probleme schildern. Wenn sich dann etwas abzeichnet, dann ist dies doch für alle wichtig, oder? Und viele orientieren sich an den Testergebnissen!
Elke Gehrke: Wir gehen den anderen Weg: Wir machen Umfragen bei unseren Lesern zu bestimmten Produkten und fragen hier speziell auch nach Marken, Problemen, Service und Reparaturen, um damit Erkenntnisse für unsere Testvorgehen zu bekommen.
Jürgen Nadler: Zum Beispiel können Hinweise auf Schwachstellen nützlich sein, damit wir unsere Tests darauf ausrichten können.
Moderator: …und eine weitere aktuelle Frage:
Endverbraucher: Wie viele Jahre Laufzeit simulieren Sie denn bei Druckertests?
Jürgen Nadler: Bei Druckertests führen wir keine Lebensdauerprüfung durch (ähnliche Problematik wie z. B. bei Fernsehgeräten). Unsere Erfahrungen basieren auf dem Test der Fremdtinten, wo wir je Originaltinte und zugehöriger Fremdtinte mit insgesamt vier handelsüblichen Druckern des jeweiligen Herstellers viele tausend Seiten drucken.
Endverbraucher: Wie sieht es eigentlich bei Gefriergeräten aus? Wie werden diese von Ihnen auf Langlebigkeit getestet? Und gibt es auch einen Trend, welche Produkte auch heute noch sehr langlebig sind (Waschmaschinen, Herde, Kühlschränke, usw.) oder gibt es da keinerlei Erfahrungswerte? Welche Zeiten simulieren Sie bei diesen Produktgruppen?
Elke Gehrke: Bei Waschmaschinen wird Langlebigkeit getestet, in dem wir mehr als 1.600 mal Wäsche waschen. Damit können wir einen Lebenszyklus von ca. acht bis zehn Jahren in einem Vier-Personen-Haushalt darstellen und benötigen dafür mehr als ein halbes Jahr. Schwierig wird es, die Nutzung eines Kühl- und eines Gefrierschrankes in einer verkürzten Zeit zu prüfen, denn solche Produkte laufen rund um die Uhr und würden dann einen Echtzeit-Langlebigkeitstest erfordern. Bei besonders interessanten Produkten aus dieser Gruppe machen wir Langlebigkeitsversuche in Zusammenarbeit mit Universitäten und Prüfinstituten. So konnte festgestellt werden, dass der Energieverbrauch z. B. von Kühl- und Gefrierschränken innerhalb der ersten drei Jahre deutlich ansteigt, weil die Isolierung altert.
Schwachstelle Akku
Test-frank: Ein ganz wichtiger Grund für das Kaputtgehen von elektronischen Geräten ist die Akkuausrüstung dieser Geräte. Es wird ja immer üblicher, Akkus fest einzubauen. Je nach „Chemie“ dieser Akkus ist ein frühes Sterben der Geräte „eingebaut“. Eine Akku-Tiefentladung, ein inverser Stromfluss in einer Zelle (von mehreren), schon liegt der Totalausfall vor und – wenn möglich – ein kostspieliger, meist unterlassener Akkuwechsel steht an. Können Tests das vorher ergründen? (z. B. Verhalten bei Tiefentladung).
Elke Gehrke: Z.B. bei unseren Tests von Gartengeräten prüfen wir die Akkus – falls vorhanden – auch auf Tiefentladung.
Jürgen Nadler: Bei elektronischen Produkten (z. B. Smartphone und Tablet) schalten die Geräte in der Regel vor einer Tiefentladung ab und schützen damit den Akku. Wir prüfen allerdings im Rahmen unserer Tests, ob eine entsprechende Schutzschaltung vorhanden ist.
Rechtliches zu Garantie und Gewährleistung
PanPi2013: Recht kurz nach Kauf unseres Staubsaugers brach die Haltevorrichtung für den Staubsaugerbeutel. Leider wurde mir dann an der Servicehotline des Herstellers mitgeteilt, dass das kein Garantiefall ist und wir mussten eine neue Vorrichtung dort (recht teuer) kaufen. Das erschien mir unfair – zum einen, dass es nicht als Garantiefall gewertet wurde und zum anderen der hohe Preis des an sich lapidaren Plastikersatzteils. Können die Hersteller einfach so ein Bauteil aus der Garantie rausnehmen?
Martin Gobbin: Die Garantie ist eine freiwillige Leistung des Herstellers, die er entsprechend seiner Vorgaben gestalten kann. Verbraucher haben aber gegenüber dem Händler eine gesetzlich vorgeschriebene zweijährige Gewährleistungsfrist. Wenn der Hersteller also eine kostenlose Reparaturleistung verweigert, sollten sich Kunden am besten an ihren Händler wenden.
Jürgen Nadler: Bei der gesetzlichen Gewährleistung ist zu beachten, dass im ersten halben Jahr die Beweislast, dass das Produkt fehlerfrei war, beim Hersteller liegt. Im ersten halben Jahr bekommt man also eigentlich immer das Gerät repariert, weil das nicht beweisbar ist. Nach einem halben Jahr kehrt sich aber die Beweislage um: Dann müsste der Verbraucher eventuell beweisen, dass der Fehler schon beim Kauf vorhanden war. Kluge Anbieter werden allerdings diese Forderung nicht erheben, sondern in dem gesamten Zeitraum die Reparatur übernehmen.
RORORO: Ich habe kürzlich eine Vogelstimmenuhr zurück zur Firma KOOKOO geschickt weil sie mir von der Wand gefallen war und wollte sie (kostenpflichtig) reparieren lassen. Die Firma teilte mir mit, sie habe gar niemanden, der ihre hergestellten Uhren reparieren kann. Wenn innerhalb der Garantiezeit ein Defekt auftritt wird die Uhr ausgetauscht und sonst geschieht eben nichts. Ist das rechtlich einwandfrei oder muss eine Firma nicht auch länger für ihre Produkte für Reparatur sorgen?
Martin Gobbin: Hersteller sind innerhalb der Garantiezeit verpflichtet, zu reparieren oder gleichwertigen Ersatz zu liefern. Ob das Verweigern der Reparatur rechtlich einwandfrei ist, können wir nicht sagen, aber auf jeden Fall ist es sehr verbraucherunfreundlich und vom Hersteller unklug. Wer würde noch ein Produkt einer Firma kaufen, die sich so verhält?
Trends für die Zukunft
George20123: Von Konspirationstheorien halte ich nicht viel. Aber kann es sein, dass Microsoft etwa ein Jahr vor dem Wechsel zu einem neuen Betriebssystem (Windows 8) Updates für die Vorvorgängerversion Vista bewusst manipuliert hat, so dass der Rechner weitgehend erlahmt und / oder Fehlfunktionen auftreten? Und damit der teure Kauf von Windows 8 gefördert werden soll?
Martin Gobbin: An Spekulationen wollen wir uns ebenfalls nicht beteiligen. Allerdings ist es so, dass Microsoft im April 2014 den Support für Windows XP einstellt, obwohl noch relativ viele Verbraucher dieses Betriebssystem nutzen. Beim Konkurrenten Apple sind die Support-Laufzeiten für Betriebssysteme teilweise noch deutlich kürzer.
Blaha: Gibt es denn eigentlich in irgendwelchen Produktbereichen Trends zurück zu „leichter Wartungsfähigkeit“ und „Wertbeständigkeit“? Da gibt es doch bestimmt Marktforschung…vielleicht wird ja irgendwann alles wieder gut?
Martin Gobbin: Ja, zu erfreulichen Strategien zählt z. B., dass einige Notebookhersteller Klappen in ihre Geräte einbauen, die eine Reinigung der Lüftung erleichtern. Philips bietet z. B. seit 2009 bei seinen Fernsehgeräten eine Garantie, dass Ersatzteile sieben Jahre lang verfügbar sein werden. Außerdem gibt es einige Hersteller, die Fernsehgeräte so produzieren, dass sie nachrüstbar sind.
Moderator: Die Chat-Zeit ist auch schon fast um: Wollen Sie noch ein kurzes Schlusswort an die User richten?
Jürgen Nadler: Leider ist jetzt die Zeit um, aber wir bedanken uns ganz herzlich für die interessanten Fragen, die uns zeigen, wie wichtig das Thema für die Verbraucher ist. Wir werden uns weiterhin damit beschäftigen.
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