Sturm­schäden: Welche Versicherung zahlt für Unwett­erfolgen?

Mit mehr als 162 Kilo­metern pro Stunde brauste Orkan „Christian“ über Deutsch­land. Umstürzende Bäume töteten mehrere Menschen, Straßen und Gleise wurden blockiert, der Sturm riss Dachziegel, Satellitenschüsseln und Fassaden­teile von Häusern und beschädigte Autos. Sturmböen bis zu Orkan­stärke treten in Mittel­europa im Herbst häufiger auf und richten teil­weise erhebliche Verwüstungen an. Treffen kann es Haus­besitzer, Mieter und Auto­fahrer über­all. test.de sagt, welche Versicherung zahlt.

Schäden am Gebäude

Den größten Schaden verursachen Stürme an Gebäuden. 70 Prozent aller Orkanschäden entstehen am Haus. Wenn der Sturm mindestens Wind­stärke acht erreicht, zahlt die Wohn­gebäude­versicherung, sofern der Kunde Schäden durch Sturm und Hagel in die Police aufgenommen hat. Ob es wirk­lich Stärke acht war, muss der Kunde nicht selber messen. Es reicht, wenn eine Wetter­station solche Sturm­stärken in der betreffenden Gegend gemessen hat, urteilte das Ober­landes­gericht Karls­ruhe (Az. 12 U 251/04).

Die Versicherer ersetzen beispiels­weise die Kosten für abge­deckte Dächer, umge­stürzte Schorn­steine oder Schäden am Haus durch umge­knickte Bäume. Neben­gebäude wie Garten­haus oder Garage auf dem gleichen Grund­stück sind ebenfalls versichert, wenn sie in der Police vermerkt sind. Wenn aber Starkregen trotz einer Rück­stau­sicherung einen Rück­stau in der Kanalisation verursacht und den Keller über­flutet, hilft nur eine Elementarschaden-Zusatz­versicherung weiter. Sie wird als Ergän­zung zur Gebäude­versicherung und zur Hausrat­versicherung angeboten. Leider bekommen Haus­besitzer, die in den vergangenen Jahren fünf oder zehn Jahren einen solchen Schaden hatten, oft keinen Vertrag.

Tipp: Im Themenpaket Gebäudeversicherung finden Sie aktuelle Tests von Tarifen, mit denen sich Haus­eigentümer schützen können. Hilf­reich ist außerdem unser Special Elementarschäden-Versicherung für Hausbesitzer. Im Chat auf test.de haben die Finanztest-Expertinnen viele Fragen zum Thema beant­wortet.

Wichtig: Wenn etwas passiert ist, muss der Haus­besitzer sich kümmern. Ihn trifft die sogenannte Schaden­minderungs­pflicht. In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass er ein durch herunter­gewehte Ziegel entstandenes Loch im Dach oder ein vom Sturm einge­drücktes Fenster mit einer Plane abdecken muss, damit nicht noch mehr Regen­wasser eindringt.

Haus­eigentümer mit DDR-Police

Viele Haus­eigentümer in Ostdeutsch­land haben als Wohn­gebäude­versicherung noch eine alte DDR-Police. Damit sind sie gut versichert, denn darin sind auch Über­schwemmungs­schäden enthalten. Heute führt die Allianz diese Policen weiter.

Schäden an der Wohnungs­einrichtung

Hat ein Unwetter auch im Haus gewütet, zum Beispiel weil ein Sturm das Dach abge­deckt hat, ersetzt die Hausrat­versicherung Schäden an der Einrichtung. Allerdings: Wenn der Kunde einfach nur vergessen hat, die Fenster zu schließen und ein Regenguss Teppiche und Möbel beschädigt hat, gibt es kein Geld. Wohl aber, wenn ein Blitz ins Haus einschlägt und elektrische Geräte lahmlegt. Bei Kurz­schluss- oder Über­spannungs­schäden durch Blitz­einschlag in eine Über­land­leitung ist die Sache allerdings nicht so klar: Über­spannungs­schäden sind nicht in jedem Vertrag versichert, können aber einge­schlossen werden. Nicht versichert sind hingegen Sachen, die sich außer­halb von Gebäuden befinden. Ein Kinder­wagen, der vor dem Haus steht, ist zum Beispiel nicht versichert, wenn eine Sturmböe einen Dachziegel herunter­weht und ihn beschädigt. Dasselbe gilt für Gartenmöbel, Blumen­kübel oder Skulpturen: Gegen­stände, die auf einer offenen Terrasse stehen, sind nicht durch die Hausrats­versicherung geschützt (Amts­gericht München, Az. 251 C 19971/06). Lediglich Markisen und Antennen, die zur Wohnung des Versicherungs­nehmers gehören, sind mit versichert.

Tipp: Für den großen Test Hausratversicherungen hat Finanztest über 1 000 Tarifbe­rechnungen durch­geführt und die güns­tigsten Angebote von 54 Versicherern für vier Städte und drei Lebens­situationen ermittelt. Ergebnis: Durch einen Tarifwechsel können junge Leute, Familien oder Senioren manch­mal 200 bis 400 Euro im Jahr sparen, im Extremfall fast 1 000 Euro – für den gleichen Wohn­ort und die gleiche Lebens­situation. Der Test zeigt, wann ein Wechsel des Versicherers sinn­voll ist.

Schäden an Fahr­zeugen

Sturm­schäden an Autos und Motorrädern begleicht die Teilkasko – wobei mindestens Wind­stärke acht die Voraus­setzung ist. Der Versicherer ersetzt auch Schäden durch herum­fliegende Gegen­stände wie Ziegel oder Äste. Wer allerdings wegen des Sturms einen Unfall verursacht, braucht schon eine Kfz-Voll­kasko, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Bei Voll- und Teilkasko­versicherung müssen Betroffene Schäden bis zu der gewählten Höhe ihrer Selbst­beteiligung jedoch selbst tragen. Zurück­gestuft werden Geschädigte aber nur nach selbst verschuldeten Schäden.

Tipp: Informieren Sie sich über güns­tige Tarife in der Autoversicherung.

Zunächst aber kann der Auto­besitzer sich an den Grund­stücks­eigentümer wenden, wenn Dachziegel, Äste oder Bäume von dessen Grund aufs Auto gefallen sind. Der Grund­eigentümer muss aber nur Schaden­ersatz zahlen, wenn ihn auch eine Schuld trifft. Das heißt, er muss seine „Verkehrs­sicherungs­pflicht“ verletzt haben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Baum ganz offensicht­lich morsch oder ein Dach­stuhl ohnehin marode war. Ähnlich sieht es aus, wenn ein Verkehrs­schild aufs Auto stürzt. Wenn es sauber verankert und in Ordnung war, muss die Stadt keinen Schaden­ersatz leisten, denn auf extreme Wetterlagen müssen Schilder nicht ausgelegt sein (OLG Koblenz, Az. 12 U 11/03).

Haft­pflicht­versicherung

Teuer kann ein Sturm aber nicht nur für Immobilien­eigentümer oder Auto­besitzer werden. Auch Mieter riskieren Kopf und Kragen, wenn sie keine Haft­pflicht­versicherung haben. Schon ein vom Balkon gewehter Blumentopf kann einen Fußgänger treffen. Wenn der dabei nicht nur eine Beule abbe­kommt, sondern lebens­lange Schäden erleidet, kann das zum finanziellen Ruin führen. Denn dem Geschädigten steht Schaden­ersatz zu. Die Haft­pflicht­versicherung greift auch, wenn Dachziegel zum Beispiel auf ein geparktes Auto fallen und der Besitzer Schaden­ersatz verlangt. Zumindest einem „normalen“ Sturm muss ein ordentlich gewartetes Dach standhalten (Land­gericht Koblenz, Az. 13 S 16/06).

Bäume kontrollieren

Stehen Bäume im Garten, sollte der Eigentümer sie regel­mäßig kontrollieren. Eine Sicht­kontrolle zweimal im Jahr reicht: einmal im belaubten und einmal im unbe­laubtem Zustand (Bundes­gerichts­hof, Az. III ZR 225/2003). Doch sobald etwas verdächtig erscheint, zum Beispiel abge­storbenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder auffallende Schief­stel­lungen, oder wenn der Stamm erkenn­bar durch Sturm oder Blitz­schlag geschädigt ist oder Pilzbefall zeigt, muss er einge­hend untersucht werden (OLG Hamm, Az. 9 U 144/2002). Ist die Standsicherheit wegen des hohen Alters nicht mehr gegeben, muss der Besitzer den Baum fällen (BGH, Az. V ZR 319/02). Wer solche Schutz­maßnahmen unterlässt, verstößt gegen die Verkehrs­sicherungs­pflicht. Unter Umständen haftet er sogar dann, wenn dem Baum gar nicht anzu­sehen war, dass er marode war. Ein gesunder Baum wird bei Wind­stärke 7 bis 8 normaler­weise nicht entwurzelt, wenn er nicht ohnehin schadhaft war ( (OLG Düssel­dorf, Az. 4 U 73/01).

Sturm erst ab Wind­stärke 8

Die wichtigste Einschränkung für die Aussicht auf Ersatz: Wohn­gebäude-, Hausrat- und Kasko­versicherungen zahlen nur bei Sturm ab Wind­stärke acht, also 62 bis 74 Stundenkilo­meter Wind­geschwindig­keit. Ob diese Geschwindig­keiten erreicht wurden, lässt sich beim Deutschen Wetter­dienst www.dwd.de, Wetter­dienst­hotline: 0180 5 913 913 , erfragen. In der Regel reicht es aber, wenn auch in der Nach­barschaft typische Sturm­schäden auftraten.

Pflicht zur Meldung

Generell gilt: Schäden sind der Versicherung unver­züglich zu melden. Betroffene sollten bei ihrem Versicherer anrufen oder eine E-Mail schi­cken. Beim ersten Anruf müssen sie meist noch keine genauen Angaben zu den Schäden machen. Sie sind aber verpflichtet, Schäden so gering wie möglich zu halten. Beispiel: Bei Schäden an Dach­fens­tern sind Betroffene verpflichtet, sie so schnell wie möglich mit einer provisorischen Plane abzu­decken. Wird nicht vorgebeugt dann kann es sein, dass die Versicherung für die dadurch entstehenden Folgeschäden nicht zahlt.

 

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Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Mary Hillmer aus Hofheim in Unterfranken in Bayern.
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