Richterspruch gilt europaweit
Egal ob man in Paris, Wien oder Berlin unterwegs ist – die Fahrpreiserstattung in Fällen höherer Gewalt gilt jetzt für alle Eisenbahnunternehmen Europas. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Verspätet sich ein Zug wegen eines schweren Gewitters oder eines Erdbebens, können Fahrgäste künftig bis zu 50 Prozent ihres Fahrpreises zurückbekommen. Die Höhe der Rückerstattung ist in der EU-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr geregelt. Demnach kann ein Fahrgast 25 Prozent des Fahrpreises zurückverlangen, wenn die Verspätung 60 bis 119 Minuten beträgt. Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden hat er Anspruch auf die Hälfte des gezahlten Fahrpreises.
Höhere Gewalt
Bislang mussten Bahnunternehmen den Kunden nichts zurückzahlen, wenn der Fahrplan wegen so genannter „höherer Gewalt“ nicht eingehalten werden konnte. Höhere Gewalt wird in der Rechtsprechung als ein unvorhersehbares und von außen eintretendes Ereignis bezeichnet, dass trotz äußerster Sorgfalt nicht verhindert werden kann. Der EuGH räumt Fahrgästen mit dem neuen Urteil somit mehr Rechte ein. Bahnunternehmen müssen jetzt auch bei Naturgewalten für die Verspätung haften. Die neue Regelung betrifft aber nur Reisen mit dem Zug. Reisen mit dem Flugzeug, dem Schiff oder dem Bus sind ausgenommen.
Was tun bei Verspätung
-
- Zugbegleiter ansprechen. Wenn Sie in einem verspäteten Zug sitzen und die Umsteigezeit knapp zu werden droht, dann bitten Sie den Zugbegleiter frühzeitig, die Zentrale zu informieren, damit Ihr Anschlusszug wartet. Je mehr Fahrgäste sich melden, desto besser die Chancen. Fragen Sie den Zugbegleiter auch nach Alternativen.
-
- Alternativen nutzen. Ist der Anschlusszug weg, kann Ihnen das Bahnhofspersonal am „Service Point“ neue Verbindungen suchen. Wenn Sie den Zielbahnhof voraussichtlich mindestens 20 Minuten zu spät erreichen würden, können Sie in vielen Fällen einen anderen Zug nutzen. Zum Beispiel einen höherwertigen ICE anstelle eines unpünktlichen IC. Die für viele Fahrkarten geltende Zugbindung entfällt dann. Lassen Sie sich das möglichst von dem Bahnpersonal bestätigen.
-
- Plätze sichern. Wenn der Anschlusszug mit Ihren reservierten Plätzen weggefahren ist, haben Sie Anspruch auf Erstattung des Reservierungsentgelts. Wenn Sie im Zug stehen müssten, fragen Sie die Zugbegleiter, ob sie den kulanten, kostenlosen Übergang in die 1. Klasse ermöglichen können.
-
- Nachts stranden. Wenn Sie nachts den letzten Anschlusszug verpasst haben, können „Service Point“ oder „3-S-Zentrale“ helfen und Ihnen zum Beispiel eine Gratis-Taxifahrt oder eine Übernachtung im Hotel organisieren.
-
- Entschädigung kassieren. Ab 60 Minuten Verzögerung erstattet die Bahn 25 Prozent des Fahrpreises und ab 120 Minuten 50 Prozent. Anträge dafür gibt es bei Zugbegleitern, an Servicepunkten und im Internet. Stammkunden sollten immer ein Exemplar parat haben, um es im Falle eines Falles sofort ausfüllen zu können.
-
- Beschwerde senden. Wenn Bahnunternehmen eine Entschädigung verweigern und Sie sich unfair behandelt fühlen, kann die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr helfen (www.soep-online.de, Fasanenstraße 82, 10623 Berlin). Bei Ärger hilft auch das Eisenbahnbundesamt.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar