Entschädigung bei vorzeitiger Ablösung
Immobilienkredite laufen oft über Jahrzehnte. Wer Haus oder Wohnung vor Ablauf der Zinsbindung verkaufen muss, darf den Vertrag kündigen. Allerdings muss er der Bank dann eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen und ihr den entgangenen Zinsgewinn erstatten. Die Berechnung ist allerdings kompliziert. Die Höhe der Forderung hängt vom vereinbarten Zinssatz, den für die Refinanzierung maßgeblichen Zinssätzen zur Zeit der Kündigung, der restlichen Laufzeit, etwaigen Sonderkündigungsrechten und dem Wiederanlagezins ab, den die Bank mit dem vorzeitig zurückgezahlten Geld erzielen kann. Viele Kreditinstitute verlangen daher außer der Vorfälligkeitsentschädigung auch Gebühren für die Berechnung.
Pauschale im Kleingedruckten verboten
Solche Berechnungsgebühren haben die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof immer mal wieder gebilligt. Die Richter sehen das als Schadenersatz, den der Kunde an die Bank zu zahlen hat. Danach kann die Bank Ersatz für den Aufwand verlangen, die ihr durch die Berechnung tatsächlich entsteht. Die Commerzbank allerdings forderte stets pauschal 300 Euro pro vorzeitig abgelöstem Darlehen – unabhängig vom Aufwand. Das darf sie nicht, hat jetzt das Landgericht Frankfurt am Main geurteilt. Solche pauschalierten Schadenersatzforderungen sind unzulässig, wenn Kreditkunden nicht wenigstens nachweisen dürfen, dass der Bank ein geringerer Schaden entstanden ist. Noch dazu ist die Commerzbank-Gebühr happig. Die Analyse Vorfälligkeitsentschädigung, die test.de in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Bremen und Hamburg anbietet, liefert die gleiche Berechnung für nur 70 Euro.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.02.2013
Aktenzeichen: 2-02 O 277/12 (nicht rechtskräftig).
Zweites kundenfreundliches Urteil zur Klausel
Das ist bereits die zweite Verurteilung der Commerzbank wegen der Pauschalgebühr für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Bereits Anfang 2012 hatte die 21. Kammer des Landgericht Frankfurt am Main die Bank verurteilt, weil es die Klausel ebenfalls für unwirksam hielt. Geklagt hatte seinerzeit die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Commerzbank hatte gegen die Entscheidung des Landgerichts Berufung eingelegt. Am Mittwoch, 17. April 2013, verkündet nun das Oberlandesgericht sein Urteil in diesem Streit. Die zweite Zivilkammer des Landgerichts, die kürzlich ebenso verbraucherfreundlich geurteilt hat, kannte die Entscheidung der Richterkollegen aus der 21. Kammer offenbar nicht. In ihrer Entscheidung findet sich jedenfalls kein Hinweis auf die Entscheidung vom vergangenem Jahr.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2012
Aktenzeichen: 2– 21 O 324/11 (nicht rechtskräftig).
Möglicherweise muss Commerzbank Gebühren erstatten
Wenn eine der Entscheidungen rechtskräftig wird, heißt das für die Commerzbank: Sie durfte auf Grundlage ihrer rechtswidrigen Klausel gar nichts kassieren und muss zumindest ab 2010 gezahlte Berechnungsgebühren an die betroffenen Kunden zurückzahlen. Wenn sie die Gebühr trotz rechtskräftiger Verurteilung noch fordern sollte, können die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg oder die Schutzgemeinschaft für Bankkunden die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro beantragen. Möglicherweise kann die Commerzbank von ihren Kunden allerdings statt der rechtswidrigen Gebühr Schadenersatz auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen fordern. Dazu müsste sie allerdings im Einzelfall erklären, welcher Aufwand ihr jeweils entstanden ist. Das wird ihr im Nachhinein wohl in kaum einem Fall gelingen.
Andere Banken oft im Recht
Bei anderen Banken allerdings werden Kunden oft Gebühren für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen. Wenn die Gebührenklausel Kunden zumindest die Möglichkeit gibt, die Höhe der Kosten anzuzweifeln, darf die Bank kassieren. Auch ganz ohne Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Bank im Vorteil. Wenn es zum Streit kommt, dürfen Richter schätzen, welcher Aufwand der Bank entstanden ist.
Tipp: Wenn Sie wegen des Verkaufs von Haus oder Wohnung unter Zeitdruck stehen, bleibt Ihnen nichts übrig, als zu zahlen, was die Bank fordert. Sie sollten sich allerdings die Rückforderung vorbehalten. Schreiben Sie in den Verwendungszweck der Überweisung oder separat per Einschreiben mit Rückschein an die Bank: „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.“ Sie können ergänzen: „Ich behalte mir vor, den Betrag ganz oder teilweise zurückzufordern, sofern er Ihnen nicht zusteht.“ Sie können dann später schauen, ob eine Rückforderung Aussicht auf Erfolg hat.
Bei geplatztem Kredit bekommt die Bank nur Verzugszins
Ganz anders ist die Rechtslage bei geplatzten Immobiliendarlehen: Wenn die Bank ihrerseits den Kreditvertrag mit Privatkunden kündigt, darf sie anschließend nur noch einen Verzugszins in Höhe von derzeit 2,37 Prozent kassieren. Das ist die klare Ansage von dem Vorsitzenden des Bankensenats beim Bundesgerichtshof (BGH). test.de berichtet und liefert Tipps und Mustertexte.
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