Die Bundesbürger haben beim Mineralwasser einen neuen Rekord aufgestellt: 2012 trank jeder durchschnittlich 137 Liter. Manche lieben es mit, andere mit wenig oder ohne Kohlensäure. Die Stiftung Warentest untersucht die Sorten regelmäßig, aktuell 25 Wässer mit Geschmack. Die Experten der Stiftung Warentest standen Ihnen Rede und Antwort im Chat auf test.de: Ist Mineralwasser besser als Leitungswasser? Gibt es Keim- oder Schadstoffprobleme? Sind Flaschen aus Glas besser als aus Kunststoff? Hier lesen Sie die Antworten der Wasser-Experten.
Sind Kunststoffflaschen schädlich?
Moderator: Hier im Chat begrüße ich Ina Bockholt und Birgit Rehlender. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und die Fragen unserer Chatterinnen und Chatter beantworten. Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Hier die TOP-1-Frage aus dem Pre-Chat:
Sonnenblume: Sind Kunststoffflaschen schädlich? Gibt es einen Unterschied zwischen den stabilen Kunststoffflaschen und den dünneren, weicheren? Schadet es noch mehr wenn man aus Kunststoffflaschen trinkt als wenn man sich ins Glas eingießt?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Nein. Noch vor einigen Jahren war Acetaldehyd noch ein Problem in Kunststoffflaschen, aber eher ein geschmackliches und kein gesundheitliches. Unterschiede zwischen Einweg- und Mehrwegflaschen sind uns heute nicht bekannt. Glas ist eine inerte Verpackung, von der nichts übergehen kann.
Moderator: … und hier die Top-2-Frage:
CIELO: Ist Wasser aus der Leitung besser?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Das kann pauschal nicht so beantwortet werden. Es kommt darauf an: Wasserwerke garantieren einwandfreie Wasserqualität bis zum Hausanschluss, danach können z. B. Bleirohre oder Kupferarmaturen die Wasserqualität beeinträchtigen.
Moderator: … und die Top-3-Frage:
Steff1272: Hallo, ich würde gern wissen ob es stimmt, dass unser Trinkwasser mittlerweile stark mit Hormonen (Anti-Babypille) und mit Pestiziden (Landwirtschaft) verunreinigt ist, sollte man einen eigenen Wasserfilter an seinen Trinkwasseranschluss installieren oder ist das alles nur Panikmache?? Vielen Dank.
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Regionale Belastungen des Trinkwassers mit Hormonen sind bekannt. Diese sind aber nur im Spurenbereich zu finden. Kritiker fordern, noch stärker auf Hormone, Medikamente und Pestizide zu prüfen. Das Umweltbundesamt stuft diese Rückstände zur Zeit als sehr gering ein und hält sie noch für unkritisch. Wasserfilter helfen nicht.
Moderator: Hier eine aktuelle Frage:
Desideriia: Welche Bakterien wurden bei den stillen Mineralwässern gefunden, die laut Test mikrobiologisch ungeeignet für Immunschwache sind?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Wir haben bei den stillen Wässern unterschiedliche Stämme von Pseudomonaden gefunden. Diese gelten als fakultativ pathogen und sind für Immunschwache unter Umständen problematisch. Zu Immunschwachen gehören Säuglinge, AIDS- und Krebskranke, aber auch alte Menschen.
Inhaltsstoffe und Mineralstoffe im Wasser
Beni858: In meiner Heimatstadt ist die Kalkbelastung des Leitungswassers relativ hoch. Ist kalkhaltiges Wasser schädlich?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Nein, es ist nicht schädlich. Viel Kalk bedeutet auch viel Kalzium, davon können Knochen und Zähne profitieren. Aber: Für den Geschmack von Tee und Kaffee ist kalkreiches Wasser nicht von Vorteil.
G. Bell: Was ist an Heilwasser so heilsam? Warum sind solche Wasser so teuer?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Heilwasser ist ein frei verkäufliches Arzneimittel. Bestimmte Mineralstoffe sollen den Stoffwechsel beeinflussen, manche tun das auch. Beispielsweise wenn sie viel Hydrogencarbonat enthalten, können sie Einfluss auf den Säure-Base-Haushalt haben. Deshalb bevorzugen Weintrinker bei saurem Wein auch hydrogencarbonathaltiges Mineralwasser/Heilwasser.
Goofy: Wieso werben Mineralwasserabfüller dauernd mit den darin enthaltenen Mineralien. Meines Wissens nach können Mineralien wie Calcium, Magnesium und Kalium nur über das Essen, nicht über das Trinken aufgenommen werden. Mir wurde gelehrt, dass Getränke dazu da sind, Gift- und Schadstoffe aus dem Körper zu schwemmen. Stimmt das so?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Essen und Trinken sind beides Wege für die Aufnahme von Nährstoffen. Feste Nahrung und Getränke nehmen denselben Weg im Körper. Kalzium wird sowohl aus dem Wasser als auch aus Käse oder anderen milchhaltigen Speisen resorbiert, wobei die festen Speisen in der Regel mehr Mineralstoffe enthalten als viele Mineralwässer. Nieren brauchen Flüssigkeit, um Giftstoffe aus dem Körper zu transportieren.
Lohnt es sich, einen Wasserfilter anzuschaffen?
Melanie: Ich überlege mir einen Wasserfilter zu kaufen und habe dazu zwei Fragen. Ist so ein Wasserfilter überhaupt sinnvoll oder filtert er neben „Schadstoffen“ nicht auch für uns wichtige Nährstoffe aus dem Wasser? Wo ist der Unterschied zwischen diesen Filter-Kannen und jenen Filtern, die man direkt am Wasserhahn anbringt?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hält Wasserfilter und -enthärter für eine meist überflüssige Investition. Bei falschem Gebrauch kann die Wasserqualität sogar verschlechtert werden. Aus hygienischer Sicht ist von Wasserbehandlern abzuraten, weil die Filter schnell verkeimen können.
Die Empfehlung der Hersteller ist eine Mindestanforderung, die man auf jeden Fall einhalten sollte. Aber bei schlechter Küchenhygiene und hohen Temperaturen können die Filter auch eher verkeimen (siehe auch Filter- und Enthärtungsanlagen für Trinkwasser: Meist überflüssig).
Andi: Sind Umkehrosmoseanlagen sinnvoll, um das Leitungswasser von Hormonen, Medikamentenrückständen und Pestizide zu reinigen? Ist das daraus gewonnene Wasser zu empfehlen?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Umkehrosmose-Filter können Nachteile haben. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stuft die Filter in ihrer Broschüre „Gesundes Trinkwasser: Filter und Enthärter im Haushalt“ als kritisch ein.
Leitungswasser oder aufbereitetes Wasser?
hamburger: Wie bewerten sie Wasseraufbereiter/Sprudelmaschinen im Vergleich zum Konsum von Leitungswasser? Wird das Wasser durch die Zufuhr von Kohlensäure auch qualitativ verändert?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Qualitativ gibt es keine Veränderung, aber die Kohlensäure im Wasser ist nicht so feinperlig und stabil wie in einem natürlichen Mineralwasser. Wenn das Trinkwasser in Ordnung ist, ist das Aufsprudeln mit einem Trinkwassersprudler gut möglich und preisgünstig. (siehe auch Trinkwassersprudler)
ABN: Angeblich soll man kein Leitungswasser trinken, welches längere Zeit in den Leitungen „stand“, da es Stoffe aus den Leitungen aufnehmen könne. Gilt dies generell für alle Leitungsmaterialien oder gibt es hier Unterschiede zwischen Kupfer / Kunststoff / verzinktem Stahlrohr? Was ist ein „längerer“ Zeitraum – mehrere Stunden / eine Nacht / mehrere Tage ?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Die Wasserwerke empfehlen, das Wasser nach mehrstündigen Standzeiten mehrere Minuten aus dem Hahn laufen zu lassen, bevor man es zur Lebensmittelzubereitung verwendet. Also erst Duschen, dann Kaffee kochen. Dies kommt auch der Abwasseraufbereitung zugute, da Wasser sparen hierbei von Nachteil ist.
ChristianH: Wo kann ich günstig, aber sinnvoll mein Leitungswasser testen lassen?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Sie können sich an private Labore wenden, aber auch an die amtliche Lebensmittelüberwachung. Und die Wasserwerke und Verbraucherzentralen helfen weiter und nennen Labore.
Wasser mit Kohlensäure
Moderator: … und noch eine aktuelle Frage:
ptr: Gibt es Untersuchungen darüber, wie kohlensäurehaltiges Wasser den Stoffwechsel im Körper negativ verändert, also hin zu Übersäuerung mit den darausfolgenden Erkrankungen?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Kohlensäure führt bei empfindlichen Personen in der Regel zum Aufstoßen: Deshalb sollten auch Sportler während des Sporttreibens stilles Wasser bevorzugen. Gesundheitliche Probleme durch Kohlensäure sind uns nicht bekannt.
John Boy: Wie merke ich im Restaurant, dass man mir Leitungswasser hinstellt, obwohl ich das teure geordert habe?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Dem Gesetz nach muss natürliches Mineralwasser in Flaschen serviert werden. Ob diese jedoch zuvor geöffnet worden sind und anderes Wasser eingefüllt wurde, kann man leider als Gast nicht überprüfen. Dies kann jedoch die amtliche Lebensmittelüberwachung.
Benzol im Wasser mit Geschmack
Moderator: … und eine aktuelle Frage:
Stephanie M.: Nach jahrelangem Konsum von Wasser mit Frucht-Geschmack der Marke Volvic hat es mich sehr verunsichert, dass u.A. dort Benzol nachgewiesen wurde. Muss ich gesundheitliche Schäden fürchten?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Wir haben im aktuellen Test Mineralwässer mit Geschmack lediglich in Volvic Kirsche Benzol nachgewiesen, nicht aber in Volvic Apfel und Volvic Orange. Ohne das Ergebnis verharmlosen zu wollen, sollte man eher auf das Einatmen von Benzol an Tankstellen achten. Eine gesundheitliche Prognose für den jahrelangen Konsum von Volvic-Produkten mit Geschmack können und dürfen wir nicht vornehmen.
Annett Bapperl: Auf welche Pestizide, Medikamentenwirkstoffe und anderen Gifte untersucht die Stiftung Warentest denn die getesteten Wässer?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Wir untersuchen bei unseren Tests von natürlichen Mineralwässern auf Triazine (das sind Pflanzenschutzmittel gegen Unkraut), auf Pestizidmetabolite und auf saure und neutrale Arzneimittelrückstände. Auch auf Uran und Arsen prüfen wir.
Wasser für Sportler
BlueCrystal: Welches Mineralwasser wäre für mich als Sportler oder z. B. für Fahrradtouren vom Mineralstoffgehalt empfehlenswert? Die im Handel erhältlichen Mineralstoffpulver zum Lösen in Wasser sind leider meist gezuckert oder mit Aspartam etc. versetzt.
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Sportler brauchen in erster Linie Flüssigkeit, um die durch das Schwitzen verlorene Flüssigkeit auszugleichen. Je nach sportlicher Belastung braucht man auch Kohlenhydrate (Zucker) und Mineralstoffe (vor allem Natrium und Kalium). Getränke mit Zucker sind also okay, die mit Süßstoff eher weniger geeignet. Einen Überblick über natrium- und kaliumreiche Mineralwässer finden Sie in unserer Datenbank unter www.test.de/mineralwasser.
Die Belastung mit Uran
Waterboy: Wie sieht es mit Uran beim Mineralwasser aus? Gibt es hier eine Höchstgrenze wie beim Trinkwasser?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Nein. Für natürliche Mineralwässer gibt es keinen allgemein gültigen Urangrenzwert. Lediglich für Mineralwässer, die zur Zubereitung von Säuglingsnahrung ausgelobt werden, muss ein Grenzwert von 2 Mikrogramm pro Liter eingehalten werden. Unsere Tests zeigen, dass alle so ausgelobten Wässer diesen Grenzwert auch einhalten.
Strengere Urteile der Stiftung Warentest
goafreaggle: Ich hatte den letzten Test von Mineralwasser sehr aufmerksam und intensiv studiert. Parallel dazu habe ich den Mineralwassertest der Zeitschrift ÖkoTest genauso gründlich herangezogen. Aufgefallen ist mir, dass sich die Testergebnisse sehr kontrovers zueinander verhalten. Was bei Stiftung Warentest als gutes Wasser galt wurde bei ÖkoTest teils mit Mangelhaft abgewertet. Sehr empfehlenswerte Wasser im Test bei ÖkoTest wurde bei der Stiftung Warentest teils mit einem Ausreichend abgestraft. Warum?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Die Stiftung Warentest vergibt kein zusammenfassendes test-Qualitätsurteil für natürliche Mineralwässer. Insofern hinkt der Vergleich zu Ergebnissen von Ökotest. Hinzu kommt, dass der Testumfang jeweils ein anderer ist. Nur die Stiftung Warentest gibt die untersuchte Charge in Form des Mindesthaltbarkeitsdatums an, so dass Aussagen für andere Chargen nicht getroffen werden können.
Warum kein Fluor in Leitungswasser?
Mett: Warum wird in Deutschland das Leitungswasser nicht fluoridiert? Und gibt es solche Mineralwässer? Danke.
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Fluorid schützt in kleinen Mengen vor Karies. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt bis zu einem Milligramm Fluorid pro Liter. In den USA und der Schweiz wird Trinkwasser seit vielen Jahren fluoridiert. In Deutschland wird eine Trinkwasserfluoridierung nicht durchgeführt, weil dies als Zwangsmedikamentierung gesehen wird. Trinkwasser soll von Zusätzen frei gehalten werden und nach DIN so natürlich wie möglich belassen sein. Für die Fluoridversorgung eignen sich fluoridierte Zahnpasta und auch fluoridiertes Speisesalz.
Racker-Andi: Ist es eigentlich ungesund Regenwasser zu trinken (ok, gefiltertes, wegen dem Dreck in der Luft), es sollte doch sauber und daher auch gesund sein…
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Nein. Es könnte kontaminiert sein durch Schadstoffe aus der Luft und Keime aus dem Auffangbehältnis. Außerdem enthält es keine Mineralstoffe wie natürliches Mineralwasser, das einst auch Regenwasser war. Es hat aber auf seinem Weg durch mehrere Gesteinschichten in die Quelle Mineralstoffe aufgenommen.
Muss es immer Markenwasser sein?
John Boy: Muss es bei abgefülltem Wasser immer die Premium-Marke sein, oder reicht auch die von Netto?
test.de (Ina Bockholt und Birgit Rehlender): Bei unseren Tests waren auch die Eigenmarken des Handels, also solche von Netto, Lidl, Aldi oder REWE in Ordnung. Traditionsmarken sind nicht per se besser als preiswerte Eigenmarken.
muhmann: Kann ich eine bereits benutzte PET-Flasche mit Leitungswasser erneut auffüllen und sie regelmäßig über einen längeren Zeitraum mit in die Arbeit zu nehmen, um aus ihr zu trinken? Ich habe mal gehört, dass man PET-Flaschen nicht wiederbefüllen sollte und stattdessen Glasflaschen verwenden sollte?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Prinzipiell ist es möglich, aber man sollte nicht aus der Flasche trinken. Jedes erneute Auffüllen birgt ein Keimrisiko. Für Gesunde mag das ein geringes Risiko bedeuten, aber für Immunschwache könnte es ein echtes Problem sein.
Moderator: Die Chat-Zeit ist auch schon fast um: Wollen sie noch ein kurzes Schlusswort an die User richten?
Ina Bockholt und Birgit Rehlender: Wenn Sie zu Mineralwasser greifen, sollte es eines mit reichlich Mineralstoffen sein. Unsere Tests haben gezeigt, dass viele Mineralwässer mineralstoffarm sind und weniger als 500 Milligramm gelöste Mineralstoffe im Liter enthalten. Sie haben ihren Namen „Mineralwasser“ wörtlich genommen nicht verdient.
Moderator: Das waren 60 Minuten test-Expertenchat. Vielen Dank an die User für die vielen Fragen, die wir aus Zeitgründen leider nicht alle beantworten konnten. Vielen Dank auch an Ina Bockholt und Birgit Rehlender, dass Sie sich die Zeit für die User genommen haben. Das Transkript dieses Chats können Sie in Kürze auf test.de nachlesen. Das Chat-Team wünscht allen noch einen schönen Tag.
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