Vertrag statt Nutzungsbedingungen, Befristung auf zwei Jahre, höhere Gebühren – zum 1. Juli 2013 stellt die Stiftung Warentest das System für die Werbung mit Testurteilen komplett um. Das gab Stiftungsvorstand Hubertus Primus heute auf der Jahrespressekonferenz bekannt. Im Interview mit test.de erklärt er, was sich im Detail ändert – und warum.
Wieso ändert die Stiftung Warentest die Regeln für die Werbung mit Testurteilen?
Primus: Wir stellen fest, dass in der Vergangenheit mit unserem Logo immer wieder Missbrauch betrieben wurde. Da wurden positive Urteile auf andere Produkte übertragen, es wurde mit uralten Noten geworben oder Produkte nach dem Test sogar verändert. Bisher konnten wir das nur schwer unterbinden. Das soll sich ändern.
Vertrag statt Nutzungsbedingungen
Was ändert sich konkret?
Primus: Anbieter müssen in Zukunft Logolizenzverträge abschließen. In den Verträgen ist genau festgelegt, was erlaubt ist und was nicht. Damit soll garantiert werden, dass der Verbraucher nur noch Werbung erlebt, die lauter ist.
Nutzungsbedingungen für das Logo gab es bisher auch schon, was ändert sich durch einen Vertrag?
Primus: Die bisherigen Bedingungen unterlagen allein dem Wettbewerbsrecht. Wenn ein Hersteller dagegen verstoßen hat, konnte also nur die Konkurrenz dagegen vorgehen oder der Verbraucherzentrale Bundesverband als Vertretung der Verbraucher. Die Stiftung Warentest konnte das nicht. In Zukunft können auch wir oder unser Dienstleister direkt bei Vertragsverstößen tätig werden.
Befristung auf 2 Jahre
Ganz neu ist die zeitliche Befristung der Werbung auf zwei Jahre. Wieso?
Primus: Veraltete Werbung war bisher eines der größten Probleme. In der Matratzenwerbung etwa findet man zum Teil noch Urteile aus den 90er Jahren. Die haben natürlich keine Aussagekraft mehr. Ein „gutes“ Handy aus dem Jahr 2005 bekäme heute auch eine ganz andere Note. Unsere Prüfprogramme verändern wir regelmäßig, die aktuellen Tests sind häufig strenger.
Die Nutzung des Logos wird auch deutlich teurer als bisher …
Primus: Richtig, wer das Logo zwei Jahre auf seinen Produkten, in Printmedien und im Internet nutzen möchte, muss zum Beispiel 10 000 Euro bezahlen.
Kein Kontakt zu Anbietern
Gefährdet die Stiftung Warentest damit nicht ihre Unabhängigkeit?
Primus: Nein, wir haben ganz bewusst die Konstruktion gewählt, die Lizenzvermarktung über eine gemeinnützige GmbH des RAL laufen zu lassen. Das ist das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, das unter anderem auch das Umweltzeichen „Der Blaue Engel“ lizensiert. Es gibt hier also keinen Kontakt zwischen der Stiftung Warentest und den Herstellern. Auch bleibt es beim bewährten Ablauf: Die Hersteller erfahren erst vom Qualitätsurteil, wenn es auf test.de, in test oder Finanztest veröffentlicht wird. Ob jemand später mit dem Logo wirbt oder nicht, hat daher keinen Einfluss auf den Test.
Mehr Kontrolle und Nachtests
Was soll mit den Einnahmen geschehen?
Primus: Im Vordergrund steht der Verbraucherschutz. Das RAL organisiert eine systematische Missbrauchskontrolle. Dienstleister gehen durch Supermärkte, Drogerieketten und Baumärkte und kontrollieren – das ist sehr teuer. Auch Werbung in Broschüren, Zeitungen, TV-Sendern, im Kino und Internet wird überwacht. Zudem wollen wir verstärkt Nachtests organisieren. Bei Produkten, die sich schnell verändern lassen, wollen wir prüfen, ob unser Qualitätsurteil noch zu Recht auf der Packung klebt.
Bleiben da noch Einnahmen übrig für die Stiftung?
Primus: Das ist schwer absehbar. In jedem Fall wird es nur eine ganz geringe Rolle spielen, wenn man unseren Gesamtumsatz ansieht. Falls doch, investieren wir das natürlich in neue Tests oder in die erwähnten Nachtests.
Neu: Lizenznummern-Check
Der Missbrauch mit dem Logo wird erschwert, aber sicher nie ganz verhindert. Was kann der Verbraucher tun, wenn er verdächtige Werbung mit Testergebnissen entdeckt?
Primus: Wir haben im Internet Hinweise veröffentlicht, um falsche Werbung mit Testurteilen zu erkennen. Auf test.de kann man auch jeden Test bis zurück ins Jahr 2000 abrufen und so die Werbeaussagen selbst überprüfen.
Zusätzlich erhält jeder Lizenzvertrag eine Lizenznummer, die bei der Werbung neben dem Logo angezeigt werden muss. Der Verbraucher kann dann ab Juli die Nummer auf der Webseite des RAL eingeben und so auf ihre Echtheit überprüfen. Gemeinsam mit den Kontrollen des RAL im Handel und in den Medien werden wir so sicher die meisten schwarzen Schafe erwischen.
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