Wichtige Regeln fürs WM-Fieber in Betrieben – ein Ratgeber

Sommer 2018: Die Fußball-Weltmeisterschaft hat wieder mal begonnen. Dieses Mal in Russland. Damit das Fußballfieber am Arbeitsplatz nicht zum Problem wird, sollten Arbeitnehmer und Firmenchefs die nachfolgenden Spielregeln kennen.

Es ist wieder so weit: Spätestens wenn der Anpfiff zum Eröffnungsspiel Russland gegen Saudi-Arabien ertönt, steigt das Fußballfieber. Doch manche Partien der diesjährigen WM starten schon am frühen Nachmittag, während der in Deutschland überwiegend üblichen Arbeitszeit. Darf ich dann früher gehen? Kann ich mir das Spiel an meinem Arbeitsplatz ansehen? Und was ist mit dem kühlen Bier, das zum Fußballgucken doch eigentlich dazu gehört? Die nachfolgenden Ratschläge beantworten die wichtigsten arbeits- und versicherungsrechtlichen Fragen rund um die Fußball-WM – damit das Fußballfest auch am Arbeitsplatz friedlich verläuft.

1. Ist das Fußballschauen während der Arbeitszeit erlaubt?
Grundsätzlich nein. Beschäftigte werden fürs Arbeiten bezahlt. Der Arbeitgeber muss es nicht dulden, dass Mitarbeiter die WM-Spiele live verfolgen. Er kann verlangen, dass während der Fußballpartien gearbeitet wird. Darüber hinaus entscheidet er, ob im Betrieb Fernseh- oder Radiogeräte aufgestellt werden dürfen. Gibt der Chef sein Okay, ist das Gucken der WM-Spiele auch während der Arbeitszeit erlaubt.

2. Was gilt für Übertragungen im Radio oder Smartphone und Internet?
Auch das Radiohören ist genehmigungspflichtig. Zwar dulden viele Arbeitgeber, wenn während der Arbeitszeit Radiogeräte eingeschaltet sind, aber diese Erlaubnis bezieht sich meist auf das Musikhören. Das Verfolgen einer Liveübertragung eines WM-Spiels ohne Genehmigung des Chefs ist nicht erlaubt, weil es die Beschäftigten von der Arbeit ablenkt, so ein Fachanwalt für Arbeitsrecht. Gestattet der Arbeitgeber das private Surfen im Internet oder private Telefonate während der Bürozeiten, dürfen Mitarbeiter in der Regel kurz (!) die aktuellen Spielstände per Smartphone oder Internet abfragen. Allerdings sollten diese Arbeitszeitunterbrechungen nicht länger dauern als die sonst vom Chef geduldeten privaten Telefonate oder das kurze Internetsurfen. Ein komplettes WM-Spiel auf diesem Weg zu verfolgen, ist grundsätzlich tabu.

3. Mit welchen arbeitsrechtlichen Konsequenzen müssen Beschäftigte rechnen, wenn er oder auch sie sich dem WM-Verbot widersetzen?
Wer ohne Genehmigung des Chefs Fußballspiele während der Arbeitszeit verfolgt, begeht ein arbeitsrechtliches Foul. Mitarbeiter, die trotz eines betrieblichen Verbots heimlich WM-Spiele live oder per Ticker verfolgen, droht eine Abmahnung, weil sie Anweisungen missachtet und die Arbeit verweigert haben. Bei entsprechender Vorgeschichte und im Wiederholungsfall kann sogar eine verhaltensbedingte Kündigung folgen.

4. Gilt ein Public Viewing im Betrieb als Arbeitszeit?
Veranstaltet der Arbeitgeber ein Public Viewing im Betrieb, zählt das als Arbeitszeit, die zu vergüten ist. Mitarbeiter müssen die Stunden vor der Leinwand daher auch nicht nacharbeiten. Anders sieht es aus, wenn der Chef das Public Viewing für ein Spiel der DFB-Elf nur gestattet und eine Verschiebung der Arbeits- oder eine Verlängerung der Pausenzeiten zulässt. Dann ist die versäumte Arbeitszeit nachzuholen.

5. Kann der Firmeninhaber darauf bestehen, dass die ganze Belegschaft Fußball schaut?
Lädt der Arbeitgeber alle Mitarbeiter zum Public Viewing ein, ist der gemeinsame Fußball-Event eine Betriebsveranstaltung. Allerdings kann der Chef niemanden zum Fußballschauen zwingen. Die Mitarbeiter entscheiden selbst, ob sie teilnehmen möchten. Fußballmuffel dürfen auch früher Feierabend machen.

6. Was müssen Arbeitgeber beachten, wenn sie ein Public Viewing auf dem eigenen Betriebsgelände veranstalten?
Für ein Public Viewing im Betrieb kann die FIFA nach deutschem Recht keine Lizenzgebühr verlangen. Anders sieht es jedoch aus, wenn die Veranstaltung öffentlich ist und Eintritt verlangt wird oder ein Mindestverzehr für Speisen und Getränke vorgesehen ist. Dann zählt das Public Viewing als gewerbliche Veranstaltung, für die Unternehmer eine Lizenz der FIFA erwerben und dafür bezahlen müssen. Wer nicht gewerblich auftritt, aber mehr als 5.000 Zuschauer erwartet, braucht auch eine Lizenz. Die ist aber kostenlos.

7. Ist Alkohol beim Fußballschauen im Betrieb erlaubt?
Der Arbeitgeber entscheidet, ob Mitarbeiter ein Fläschchen Bier am Arbeitsplatz trinken dürfen oder nicht. Die gesetzlichen Arbeitsschutz- und Unfallschutzbestimmungen sind immer einzuhalten. In vielen Logistik- und Transportbetrieben ist Alkohol strikt verboten, um Unfälle zu vermeiden. Steht dies so in der Betriebsvereinbarung, darf auch während der Fußball-WM innerhalb des Betriebsgeländes kein Alkohol getrunken werden. Chefs spendieren besser ein paar Kisten alkoholfreies Bier.

8. Besteht Versicherungsschutz, wenn beim Grillen, Trinken oder Fußballschauen im Betrieb etwas passiert?
Grundsätzlich ja, jedoch greift der Versicherungsschutz nur, wenn es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handelt, die allen Beschäftigten offensteht. Bittet der Chef nur einzelne Mitarbeiter oder einzelne Abteilungen, wie z. B. das Büro-Team zum Fußball-Event, bietet die gesetzliche Unfallversicherung keinen Schutz. Entscheidend ist, dass die Einladung an die komplette Belegschaft geht. Nehmen einzelne Mitarbeiter nicht teil, spielt das versicherungsrechtlich keine Rolle. Kein Versicherungsschutz besteht hingegen für nicht im Unternehmen beschäftigte Gäste, Familienangehörige oder ehemalige Mitarbeiter.

9. Kann ein gemeinsames Fußball-Event steuerlich abgesetzt werden?
Lädt der Chef alle Mitarbeiter ein und bewirtet sie, ist das gemeinsame Fußballschauen eine Betriebsveranstaltung, die Unternehmer steuerlich geltend machen können. Die Kosten für zwei Veranstaltungen im Jahr sind bis zum Freibetrag von 110 Euro brutto pro Mitarbeiter von Lohnsteuer und Sozialabgaben befreit. Versteuern müssen Firmen nur Aufwendungen, die diese Grenze übersteigen. Wer bereits einen Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier für seine Belegschaft spendiert, bekommt keinen weiteren Nachlass vom Finanzamt.

10. Wie regeln es Mitarbeiter, die wegen eines WM-Spiels früher Feierabend machen möchten am elegantesten?
Am einfachsten ist es für Beschäftigte, deren Arbeitsvertrag Gleitzeit vorsieht. Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten auch ohne Abstimmung mit dem Chef anpassen, solange sie zur vereinbarten Kernarbeitszeit im Betrieb sind. Viele Fußballfans wollen zur WM Überstunden abbauen, um die Spiele verfolgen zu können. Dies ist in der Praxis aber nicht immer möglich. Ist der Chef einverstanden, können Mitarbeiter natürlich früher gehen. Wer Schichten tauschen will, sollte sich mit Kollegen und Vorgesetzten abstimmen. Urlaub muss der Chef übrigens nicht gewähren. Betriebliche Interessen gehen vor.

11. Wie gehen Arbeitgeber damit um, wenn die Fehlzeiten während der WM auffällig steigen?
Melden sich Mitarbeiter krank und jubeln dann auf der Fanmeile, werden Arbeitgeber misstrauisch. Wer blaumacht, um Fußballspiele sehen zu können, begeht Arbeitszeitbetrug. Gab es im Vorfeld Streit, weil der Chef den Urlaub nicht genehmigt hat und flattert dann die Krankmeldung ins Haus, sind berechtigte Zweifel angebracht. Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verliert an Glaubwürdigkeit. Kommt es zu einer verhaltensbedingten Kündigung und zum Prozess, kehrt sich die Beweislast um. Der Mitarbeiter muss dann nachweisen, dass er tatsächlich krank war.

 

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Gina Röhrl aus Sulzbach im Saarland.

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