Ungefähr 10.000 Kilometer liegen zwischen der Namib-Wüste im südwestlichen Afrika und der Bergbaustadt Newman im westlichen Australien. Gemeinsam ist den Gebieten um diese beiden Orte das rätselhafte Phänomen der sogenannten Feenkreise, kreisförmiger Bereiche, in denen keine Pflanzen wachsen.
Zur Entstehung dieser Kreise, die vermutlich nirgendwo sonst auf der Erde zu finden sind, haben Forscher in den vergangenen Jahren verschiedene Theorien entwickelt. Ist ein Ende der Diskussionen absehbar?
Antwort: Das Phänomen der Kreise, deren Bezeichnung an die geisterhaften Wesen mit höheren Kräften aus Märchen erinnert, wird Wissenschaftler wohl noch länger beschäftigen. Darauf deuten Forschungsergebnisse hin, die Stephan Getzin von der Universität Göttingen kürzlich gemeinsam mit Kollegen im Fachjournal „Ecosphere“ und im „Journal of Arid Environments“ vorgestellt hat. Sie legen unter anderem die Vermutung nahe, dass die australischen Feenkreise infolge von Vorgängen entstanden sind, die nichts mit dem Einfluss bestimmter Lebewesen zu tun haben. Das heißt: Sie könnten demnach das Ergebnis der Verwitterung von Bodenmaterial, starken Regens, extremer Hitze und Verdunstung sein. Die Verwitterung kann unterschiedliche Ursachen haben. So ist es zum Beispiel möglich, dass unter dem Einfluss von Wind und Regen sowie aufgrund des Wechselspiels von Kälte und Wärme Bestandteile aus Gestein herausgelöst werden.
Während die australischen Feenkreise erst seit wenigen Jahren bekannt sind, beschäftigen diejenigen in Namibia Wissenschaftler bereits seit den 1970er-Jahren. Manche der Kreise haben einen Durchmesser von wenigen, andere einen von bis zu 20 Metern. Begrenzt werden die kreisförmigen Bereiche oft von einem Ring aus hoch und dicht wachsendem Gras.
Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren unter anderem die Vermutung geäußert, dass das Phänomen mit aus dem Boden austretendem Gas im Zusammenhang stehen könnte. Eine andere mögliche Erklärung sehen Fachleute im Einfluss von Termiten. So vertrat beispielsweise der Biologie-Professor Norbert Jürgens von der Universität Hamburg im Fachjournal „Science“ die Auffassung, dass wahrscheinlich Termiten der Gattung Psammotermes für die in Afrika beobachteten Feenkreise verantwortlich seien. Die Sandtermiten fräßen an den Graswurzeln und sorgten so für kahle Bereiche, in denen Regenwasser versickere und im Untergrund gespeichert werde. Dies sichere nicht nur das Überleben der Termiten während der Trockenphasen, sondern auch das der Pflanzen am Rand. Getzin, der sich mit der Erforschung von Ökosystemen beschäftigt, hat schon vor einigen Jahren Zweifel an solchen Erklärungen geäußert.
Der Wissenschaftler wies beispielsweise in einer Veröffentlichung darauf hin, dass sich Gasaustritte auf großen Flächen kaum derart gleichmäßig verteilen würden, wie es die Feenkreise nahelegten. Belege dafür, dass es zur Bildung solcher Kreise auch keiner Tiere wie Termiten bedarf, meint er nun gemeinsam mit Kollegen bei der Untersuchung von Flächen östlich der Bergbaustadt Newman gefunden zu haben. Vielerorts in Australien entstehen Lücken in der Vegetation, weil sogenannte Erntetermiten sich vom Gras im Umfeld ihres Nests ernähren. Mit Hilfe von Drohnen kartierten die Wissenschaftler größere Flächen, um Lücken in der Vegetation, die auf diese Weise entstanden waren, mit den bei Feenkreisen auftretenden Lücken vergleichen zu können. Außerdem untersuchten sie die Bodenverhältnisse im Gebiet der Feenkreise und angrenzender Flächen.
Wie Getzin erläutert, sind die auf Termiten zurückgehenden Vegetationslücken nur halb so groß wie die Feenkreise und zudem deutlich weniger geordnet. „Auch harte unterirdische Termitennester, die anderswo in Australien das Graswachstum verhindern, haben wir in den meisten Fällen keine gefunden“, erklärt der Wissenschaftler. In der starken Verdichtung des Bodens und den hohen Lehmanteilen im Bereich solcher Kreise sowie auf Vergleichsflächen sehen er und seine Kollegen vielmehr Anzeichen dafür, dass Prozesse wie Verwitterung und starker Regen im Bereich von Zyklonen für die Entstehung der kreisförmigen kahlen Bereiche verantwortlich sein könnten.
Wie der Göttinger Forscher und andere Experten in einer früheren Veröffentlichung erklärt haben, ist auffällig, dass Feenkreise in besonders trockenen Gebieten im Übergangsbereich zwischen Grasland und Wüste auftreten. Dort konkurrierten die Pflanzen um Wasser. Werde die Feuchtigkeit zu knapp, so die Wissenschaftler, könne dies zur Entstehung eines kahlen Flecks mit Grasrand führen. Am Computer simulierten die Forscher die unterirdische Konkurrenz um Wasser. Tatsächlich entstanden ähnliche Muster wie bei den Feenkreisen.
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