Ob es die Zweige von Tannen, Fichten oder Kiefern sind oder Lebkuchen, Spekulatius und anderes Gebäck: Die Weihnachtszeit beschert Menschen Jahr für Jahr von Neuem besondere Geruchserlebnisse. Neben dem Sehen, Hören, Tasten und Schmecken ist das Riechen eine weitere Möglichkeit, die Welt zu erfahren. Wichtig ist der Geruchssinn allerdings nicht nur für Menschen, sondern auch für viele Tiere. Wie sich herausgestellt hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Geruchsstoffe wahrzunehmen. Wie funktioniert der Geruchssinn?
Antwort: Bei Menschen befinden sich in der Nase viele Millionen Riechsinneszellen mit Rezeptoren, die in der Lage sind, Duftmoleküle, das heißt aus verschiedenen Atomen zusammengesetzte Stoffe, wahrzunehmen. Die Reize werden über Geruchsnerven zum Gehirn weitergeleitet. Fachleute beziffern die Anzahl der unterschiedlichen Typen von Geruchsrezeptoren in der menschlichen Nase auf rund 350. Solche Rezeptoren sind auch in anderen Geweben entdeckt worden, so zum Beispiel in der Prostata, im Darm, in den Nieren und in der äußersten Schicht der Haut. Forscher konnten unter anderem zeigen, dass ein synthetischer Sandelholzduft einen Rezeptor mit der Bezeichnung OR2AT4 in der Haut aktivieren kann. Wenn die Geruchsrezeptoren in der Haut aktiviert sind, erhöht sich nach den Angaben der Wissenschaftler die Teilungsrate der Zellen und Wunden können besser heilen. Sandelholzaroma kommt häufig in Räucherstäbchen vor.
An Nadelholzgewächsen wie Tannen wissen viele Menschen nicht zuletzt den frischen und würzigen Geruch zu schätzen, der in geschlossenen Räumen besonders gut zur Geltung kommt. Dafür sind von den Pflanzen produzierte ätherische Öle verantwortlich. Diese sind unter anderem im Harz enthalten, dem zähen Material, mit dem Pflanzen Wunden verschließen. Hauptbestandteil der ätherischen Öle sind sogenannte Terpene, chemische Verbindungen mit Kohlenstoff und Wasserstoff, die in Tausenden Varianten vorkommen.
Dass Terpene nicht nur für den typischen Geruch von Nadelwäldern wichtig sind, haben Forscher in den vergangenen Jahren auch am Beispiel des Weins verdeutlicht. Wie eine Gruppe von Forschern von der Technischen Universität München erklärten, werden für die meisten Weine ungefähr 20 Rebsorten genutzt, die alle ein typisches, auf Terpene zurückgehendes Aroma aufweisen. Um Weine zu beschreiben, werden oft Begriffe wie blumig oder fruchtig verwendet. Möglich ist auch, dass bei einem Rotwein erklärt wird, er schmecke nach Beeren oder Muskat. Nach Darstellung der Wissenschaftler steckt hinter solchen Geschmacksnoten die Zusammensetzung der Terpene. Die Verbindungen reicherten sich vor allem in der Haut der Weintrauben an.
Die Bedeutung der Gerüche in der Natur zeigt sich unter anderem bei den Blütenpflanzen. Sie setzen Duftstoffe ein, um bestäubende Insekten anzulocken und so ihre Fortpflanzung zu sichern. Insekten haben zwar keine Nase wie Menschen, können aber dennoch riechen. Sie verdanken diese Fähigkeit ihren Antennen. Dort befinden sich Riechhaare, sogenannte Sensillen. Jedes dieser Haare funktioniert wie eine winzige Nase. Oft enthalten solche Haare viele Zellen, die auf Duftmoleküle reagieren können.
Die chemischen Signale beziehungsweise die Stoffe, die Lebewesen nutzen, um mit Artgenossen zu kommunizieren, werden von Fachleuten als Pheromone bezeichnet. Von Seidenspinnern zum Beispiel, einer Schmetterlingsart, ist bekannt, dass die weiblichen Tiere ein Pheromon absondern, das in der Lage ist, männliche Seidenspinner aus einem Umkreis von mehreren Kilometern anzulocken. Außerhalb des Bienenstocks befindliche männliche Honigbienen, die Drohnen, werden von einem Pheromon der Königin angelockt, und Feuerameisen hinterlassen auf dem Rückweg von einer Nahrungsquelle zur Ameisenkolonie einen Pheromonpfad, der anderen Ameisen hilft, den Weg zur Nahrung zu finden.
In natürlichen Umgebungen begegnen Lebewesen in der Regel Gemische aus Duftstoffen und keine einzelnen Duftbestandteile. Dies spricht dafür, dass Geruchsrezeptoren und Gehirnstrukturen auf Duftmischungen besser reagieren als auf einzelne Bestandteile. Von Hinweisen, dass dies tatsächlich der Fall ist, berichtet eine Forschergruppe von der britischen University of Sussex und der Universität Konstanz im Fachjournal „PLOS Computational Biology“. Die Wissenschaftler berufen sich dabei auf Messungen bei Fruchtfliegen und Honigbienen sowie ein mathematisches Modell für die Geruchsverarbeitung.
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